Frankfurt, Port-au-Prince - Wegen der Eskalation der Gewalt in Haiti setzt „Ärzte ohne Grenzen“ seine Arbeit in der Hauptstadt Port-au-Prince aus. Eine Reihe von Drohungen seitens der Polizei gegen Mitarbeiter hätten zu diesem Schritt gezwungen, erklärte die medizinische Hilfsorganisation am Mittwoch.
In der vergangenen Woche hätten Mitglieder einer Bürgerwehr und Sicherheitskräfte einen Krankenwagen von „Ärzte ohne Grenzen“ gestoppt und die Mitarbeiter gewaltsam zum Verlassen des Fahrzeugs gezwungen. Anschließend seien mindestens zwei der verletzten Patienten hingerichtet worden, protestierte die Organisation. Seither hätten Polizisten mehrfach Fahrzeuge angehalten und Mitarbeitende direkt bedroht, unter anderem mit Tod und Vergewaltigung.
„Ärzte ohne Grenzen“ arbeite auch unter unsicheren Bedingungen, erklärte Christophe Garnier, der Leiter des Einsatzes in Haiti. „Aber wenn selbst die Strafverfolgungsbehörden zu einer direkten Bedrohung werden, haben wir keine andere Wahl, als die Aufnahme von Patienten in Port-au-Prince auszusetzen.“
Seit Monaten erschüttert zunehmende Bandengewalt die haitianische Hauptstadt. Bei einem Angriff bewaffneter Krimineller und einem folgenden Polizeieinsatz wurden laut Medienberichten am Dienstag (Ortszeit) 28 mutmaßliche Bandenmitglieder getötet. Bei der Attacke auf den wohlhabenden Vorort Pétionville seien einige der Bandenmitglieder von bewaffneten Anwohnern getötet worden, zitierte die „Haitian Times“ einen Polizeisprecher.
Zigtausende Menschen sind vor der Gewalt auf der Flucht. Allein in der vergangenen Woche flohen nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mehr als 20.000 Menschen aus Port-au-Prince.
Die Bevölkerung leidet massiv unter der andauernden humanitären und politischen Krise im Karibikstaat. Nach Angaben des UN-Menschenrechtsbüros hat die Gewalt der Banden im laufenden Jahr bereits zu fast 4.000 Toten geführt.