Amnesty fordert mehr Hilfe für befreite Boko-Haram-Geiseln in Nigeria

Frankfurt a.M., Abuja - In Nigeria brauchen Frauen und Mädchen, die eine Entführung durch Terroristen überlebt haben, mehr Hilfe. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung von Amnesty International, die am Montag veröffentlicht wurde. Der nigerianische Staat versage und füge den Opfern zusätzliches Leid zu. So würden immer wieder Mädchen und Frauen nach ihrer Entführung und Versklavung durch die Terrormiliz Boko Haram in Militärhaft genommen. Unterstützung für eine Reintegration bekämen sie kaum.

Für den Bericht "Helft uns, ein Leben aufzubauen” sprachen die Autorinnen und Autoren mit 82 betroffenen Frauen. Sie hätten Entführung, Zwangsarbeit, Versklavung und sexuelle Gewalt überlebt, hieß es in dem Bericht. Dabei waren viele demnach noch minderjährig, als sie verschleppt wurden. 20 Frauen waren selbst noch Kinder, als sie die Kinder der Vergewaltiger zur Welt brachten. Sie haben bis zu zehn Jahre in der Gefangenschaft der Boko-Haram-Kämpfer gelebt.

"Sie wurden ihrer Kindheit beraubt, und ihnen wurden Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und anderen Menschenrechtsverletzungen angetan”, sagte die Amnesty-Regionaldirektorin für West- und Zentralafrika, Samira Daoud. Bis heute würden Frauen vermisst, die als Mädchen entführt wurden.

Der Großteil der befragten Frauen habe sich selbst befreien können, einige seien vom nigerianischen Militär gerettet worden. 31 der Frauen gaben laut dem Bericht an, dass sie später wiederum in Militärlagern eingesperrt wurden, zum Teil jahrelang. Die Bedingungen dort seien Folter gleichgekommen, betonte Amnesty. Die nigerianische Armee weist die Anschuldigungen demnach zurück, mit der Aussage, die Quellen seien nicht verlässlich.

Die Frauen hofften dem Bericht zufolge, sich in Freiheit ihr Leben wieder aufbauen zu können. Doch dabei stünden sie bis heute ganz alleine. Eine Gesundheitsversorgung, die Möglichkeit Geld zu verdienen oder eine Ausbildung zu machen, seien für sie in den Flüchtlingslagern im Nordosten Nigerias nicht erreichbar. Die Familien hätten sich in vielen Fällen von ihnen distanziert. Einige hätten sich laut Amnesty aus Verzweiflung wieder an die Männer gewandt, mit denen sie zwangsverheiratet waren, wenn diese bei der Terrorgruppe ausgestiegen seien. Die Regierung müsse zusammen mit internationalen Partnern mehr tun für diese Frauen und Mädchen, forderte Amnesty.

In Nigeria sind Entführungen durch kriminelle Gruppen sehr häufig. Im Norden versetzt die islamistische Terrorgruppe Boko Haram die Menschen seit rund 15 Jahren in Schrecken. Für großes Entsetzen über die Landesgrenzen hinweg sorgte 2014 die Geiselnahme von 276 Mädchen aus einer Schule in der Ortschaft Chibok. Von etwa 90 von ihnen fehlt weiter jede Spur.

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