Der Oberste Gerichtshof in Brasilien hat mehr als 200 Haftbefehle wegen der Beteiligung am Putschversuch im vergangenen Jahr erlassen. Die Bundespolizei versuchte am Donnerstag (Ortszeit) im einem landesweiten Einsatz, die Haftbefehle zu vollstrecken, wie das Nachrichtenportal „G1“ berichtet. Der für die Ermittlungen zuständige Richter Alexandre de Moraes hat gegen 208 Tatverdächtige Untersuchungshaft verfügt. Ihnen werden unter anderem versuchter Staatsstreich, Vandalismus und die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Die Polizei konnte aber laut brasilianischen Medien nur 49 der Gesuchten festnehmen. Die Ermittler vermuten, dass sich weitere Tatverdächtige in die Nachbarländer Argentinien und Uruguay abgesetzt haben.
Insgesamt liegen dem Obersten Gericht rund 1400 Anklagen wegen der Beteiligung an dem Sturm auf die Gebäude des Kongresses, des Präsidentenpalastes und des Obersten Gerichtshofes am 8. Januar vergangenen Jahres vor. Bei den Angeklagten handelt es sich um radikale Anhänger des rechtsextremen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro (2018 bis 2022), der bis heute seine Wahlniederlage nicht offiziell anerkannt hat. Sie randalierten in den Regierungs- und Justizgebäuden, warfen Möbel aus Fenstern und zerstörten wertvolle Kunstgegenstände. Mehr als 200 Angeklagte sind bereits zu Haftstrafen von bis zu 17 Jahren verurteilt worden.
Auch gegen Bolsonaro laufen noch verschiedene Gerichtsverfahren, unter anderem wegen Machtmissbrauch, Korruption und Aufruf zum Staatsstreich. Das Gericht hat seinen Pass eingezogen, damit er nicht ins Ausland reisen kann. Das Oberste Wahlgericht hat Bolsonaro wegen seiner unbelegten Behauptungen von Wahlbetrug bereits für acht Jahre von allen politischen Ämtern ausgeschlossen.