Ulm - Statt immer neuer Waffenlieferungen in die Ukraine sollte die deutsche Politik nach Überzeugung der evangelischen Theologin Margot Käßmann viel stärker auf vermittelnde Diplomatie und Verhandlungen setzen. Die ausschließliche Diskussion um militärische Strategien und Waffensysteme führe in die falsche Richtung, sagte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Montagabend bei einer Diskussionsveranstaltung des Südwestpresse-Forums im Ulmer Stadthaus.
Eine „massive Friedensinitiative“, die nicht von vornherein als naiv abgewertet werde sollte, müsse versuchen, Einfluss auf Putin zu nehmen, um das tausendfache Sterben zu beenden, sagte die Theologin. Am Ende des Krieges werde es zwangsläufig zu Verhandlungen kommen müssen. Um diesen Zustand schneller zu erreichen, sollte möglichst bald ein Waffenstillstand ausgehandelt werden, sagte Käßmann. Allerdings sehe sie dafür zurzeit keine diplomatischen Bemühungen.
Mit deutlichen Worten kritisierte Käßmann die Unterstützung der Politik Wladimir Putins durch den orthodoxen Patriarchen Kyrill, den sie auch persönlich aus der Zusammenarbeit in kirchlichen Gremien kenne. Die Segnung von Waffen sei eine Gotteslästerung und nicht vereinbar mit dem christlichen Glauben. Die Kirchen der Welt hätten vielmehr die „dringlichste Aufgabe“, Menschen zum Frieden zu rufen und die Eskalation von Gewaltspiralen zu verhindern - in der Ukraine oder in Gaza. Vor allem die „biblischen Hoffnungsbilder könnten die Menschen dazu inspirieren, raus aus den Schützengräben zu gehen und Feindbilder abzubauen“, sagte Käßmann.