Brasilien: Erstes Urteil nach Sturm auf Regierungsgebäude

Berlin/São Paulo - In Brasilien sind die ersten drei Angeklagten wegen des Sturms auf das Regierungsviertel im Januar verurteilt worden. Das Oberste Gericht sprach gegen zwei Männer Haftstrafen von 17 Jahren und gegen einen weiteren von 14 Jahren wegen Verschwörung, versuchten Putsches und schwerer Zerstörung von Staatseigentum aus, wie die Tageszeitung „Folha de São Paulo“ am Donnerstagabend (Ortszeit) berichtete. Zudem muss demnach jeder von ihnen eine Geldstrafe von 30 Millionen Reais (etwa 5,8 Millionen Euro) zahlen.

Bei den Angeklagten handelt es sich um radikale Anhänger des rechtsextremen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro, der bis heute seine Wahlniederlage von Oktober 2022 nicht offiziell anerkannt hat. Auf Videoaufnahmen hatte das Gericht analysiert, wie die drei Männer am 8. Januar in das Gebäude des Kongresses eingedrungen waren und randaliert hatten. Der erste Verurteilte, ein 51-jähriger Mann, hatte Videos aus dem Plenarsaal gepostet und zum Eingreifen des Militärs aufgerufen, um den rechtmäßig gewählten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva abzusetzen. Vor Gericht hatte er später ausgesagt, in das Gebäude geflüchtet zu sein, um sich vor gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei schützen zu wollen.

Es war der erste von einer Reihe weiterer Verfahren. Insgesamt liegen dem Gericht 1.390 Anklagen wegen der Beteiligung an dem Sturm auf den Kongress, den Präsidentenpalast und das Gebäude des Obersten Gerichts. Eine Woche nach Lulas Vereidigung drangen Hunderte Anhänger Bolsonaros in die Gebäude ein, warfen Mobiliar aus dem Fenster und zerstörten wertvolle Kunstwerke. Die Polizei war unvorbereitet und brachte die Situation erst nach Stunden unter Kontrolle. Präsident Lula sprach von einem Putschversuch und hielt Bolsonaro vor, seine Anhänger aufgewiegelt zu haben.

Bolsonaro, der von 2018 bis 2022 im Amt war, unterlag bei den Wahlen dem linksgerichteten Politiker Lula da Silva. Gegen Bolsonaro laufen derzeit zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen Machtmissbrauch und Korruption. Im Juni war Bolsonaro bereits vom Obersten Wahlgericht wegen seiner unbelegten Wahlbetrugsvorwürfe für acht Jahre von allen politischen Ämtern ausgeschlossen worden.

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