Straßburg, Brüssel - Das Europäische Parlament hat weite Teile des EU-Klimaschutzpaketes „Fit for 55“ beschlossen. Europa werde mit dieser Entscheidung die grüne Revolution anführen und der erste klimaneutrale Kontinent werden, sagte EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola am Dienstag in Straßburg. Die EU will mit dem Paket die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 senken und bis 2050 klimaneutral sein. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten müssen den Gesetzen noch zustimmen. Dies gilt als Formsache.
Ein Kernelement des Programms ist die Verschärfung des Emissionshandels. Die Wirtschaftszweige, für die das System gilt, müssen ihre Emissionen bis 2030 um 62 Prozent zum Vergleichsjahr 2005 senken. Außerdem soll die Zahl der Verschmutzungsrechte schneller verringert werden als bislang vorgesehen. Für Gebäude und den Straßenverkehr soll ein eigenes Handelssystem geschaffen werden - diese Sektoren unterliegen bislang nicht dem Emissionshandel.
Ein neues Instrument soll dafür sorgen, dass Klimaschutzbemühungen in der EU nicht dadurch untergraben werden, dass die Produktion aus der EU in Staaten mit weniger strengen Klimaschutzvorschriften verlagert wird. Das sogenannte CO2-Grenzausgeichssystem gilt etwa für Stahl, Zement, Düngemittel, Strom oder Wasserstoff. Wer diese Waren einführen will, müsste die Differenz zwischen dem im Produktionsland gezahlten CO2-Preis und dem höheren Preis der CO2-Zertifikate im EU-Emissionshandelssystem ausgleichen. Ein Klimasozialfonds soll außerdem die Mehrausgaben für Verbraucher abfedern. So soll Energie- und Mobilitätsarmut verhindert werden.
Der EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU) sprach vom „größten Klimaschutz-Gesetz aller Zeiten“, von dem auch Bürgerinnen und Bürger profitieren würden. Wollten Staaten die Einnahmen aus dem EU-Emissionshandelssystem nutzen, müssten sie dies künftig nach sozialen Kriterien tun, erklärte Liese. „Sozial Schwache und damit meine ich nicht nur Rentner oder Arbeitslose, sondern gerade hart arbeitende Familien oder Alleinstehende, die sich den Umbau alleine nicht leisten können, werden gezielter unterstützt werden.“
Cornelia Ernst, energiepolitische Sprecherin der Linken im EU-Parlament, sprach von einem Schritt in die richtige Richtung. Es bleibe aber ein Beigeschmack, weil auch der Verkehrs- und Gebäudesektor einem Emissionshandel unterliegen soll. „Ein Emissionshandelssystem in diesen Bereichen läuft Gefahr, massive soziale Härten hervorzubringen“, sagte sie. „Wenn die Preise für Heizen und Mobilität deshalb noch weiter ansteigen, betrifft das vor allem die armen Bevölkerungsgruppen und gefährdet den gesellschaftlichen Rückhalt für Klimapolitik als solche.“