Paris - Wegen zunehmender Spannungen mit der malischen Militärregierung haben Frankreich und europäische Partnerländer den Abzug ihrer Truppen aus dem westafrikanischen Land beschlossen. Die Bedingungen für das militärische Engagement und den Kampf gegen den Terrorismus seien nicht länger gegeben, hieß es in einer vom französischen Präsidialamt am Donnerstag verbreiteten Erklärung. Demnach sollen sowohl Soldaten der französischen Mission Barkhane sowie die von europäischen Partnerstaaten mitgetragene Operation Takuba das Land verlassen. Der Abzug befeuert auch die Debatte um die Zukunft der Bundeswehr in dem Krisenstaat.
Barkhane ist eine 2014 ins Leben gerufene Anti-Terror-Mission Frankreichs in der Sahel-Region und folgte auf die Operation Serval. Außer Mali umfassen die Einsatzländer der bis zu 4.800 Soldaten (Stand: Dezember 2021) die ehemaligen französischen Kolonien Mauretanien, Niger, Tschad und Burkina Faso. Ebenfalls das Land verlassen sollen die bis zu 800 Soldaten der Mission Takuba, eine Eingreiftruppe von Spezialkräften, die 2020 von einem Bündnis europäischer Staaten gegründet wurde. Deutschland unterstützte die Gründung, stellt aber anders als beispielsweise Tschechien und Schweden keine Truppen.
Der Abzug Frankreichs aus Mali hatte sich schon länger angedeutet. Die seit Jahren anhaltende politische Krise in dem westafrikanischen Land verschärft sich seit zwei aufeinanderfolgenden Putschen seit 2020. Zuletzt waren die Beziehungen zwischen der Übergangsregierung und der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich deutlich abgekühlt. Für Unmut sorgten unter anderem die Verschiebung der für Februar angekündigten Wahlen um bis zu fünf Jahre sowie Berichte über die Präsenz russischer Söldner. Auf Kritik aus Frankreich wiederum reagierte Mali mit der Ausweisung des französischen Botschafters.
Ruf nach freien, fairen Wahlen
In der Erklärung vom Donnerstag rufen die unterzeichnenden Staaten, darunter Deutschland, Kanada und Senegal, die malische Übergangsregierung auf, freie, faire und glaubwürdige Wahlen abzuhalten. Demnach sollen bis Ende Juni Pläne ausgearbeitet werden, wie man weiter in den Nachbarländern und der Region präsent bleiben könne. Der französische Präsident Emmanuel Macron betonte, dass sich Frankreich und Europa weiter im Kampf gegen den Terror im Sahel einsetzen werde. Als Teil der neuen Strategie solle die Zivilbevölkerung mehr in den Kampf gegen den Terror einbezogen werden.
Obwohl die UN-Blauhelmmission Minusma und der EU-Ausbildungseinsatz EUTM, an denen auch die Bundeswehr beteiligt ist, nicht direkt von der Entscheidung betroffen sind, befeuert der Abzug Frankreichs auch die Debatte um die Zukunft der deutschen Soldaten in Mali. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, beim EU-Ausbildungseinsatz EUTM sei sie „sehr skeptisch“, ob es zu einer Verlängerung des deutschen Mandats komme. Weil der Demokratisierungsprozess nach hinten verschoben worden sei, stelle sich die Frage, wer da überhaupt ausgebildet werde.
Bezüglich der UN-Blauhelmmission Minusma müssten wiederum die französischen Fähigkeiten kompensiert werden. Dies sei wichtig für eine deutsche Entscheidung über die weitere Beteiligung. Gerade die französische Sicherung des Einsatzes aus der Luft mit Kampfhubschraubern sei wichtig für die deutschen Soldatinnen und Soldaten. Die geltenden Bundeswehrmandate für Mali laufen Ende Mai aus. Zurzeit sind etwa 1.100 deutsche Soldaten in Mali stationiert. Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte zuletzt Zweifel an dem Einsatz geäußert.
Derweil bezeichnete die Entwicklungsorganisation Oxfam den Abzug Frankreichs als „furchtbares Eingeständnis des Scheiterns“. Die Militäreinsätze hätten nicht zur Lösung der Konflikte in der Sahel-Region beigetragen, für die vor allem die Ungleichheit verantwortlich sei.