Brüssel - Bei einem Gipfeltreffen in Brüssel wollen Europa und Afrika ihre Beziehungen auf eine neue Grundlage stellen. Die Europäische Union (EU) und die Afrikanische Union (AU) planen, am Ende der Gespräche am Donnerstag und Freitag eine Erklärung über eine „gemeinsame Vision für 2030“ anzunehmen. Die Gipfel-Themen umfassen Wachstum, Entwicklungshilfe, Klimawandel, Migration, Frieden und Menschenrechte sowie die Corona-Pandemie.
Zur Wachstumsbeschleunigung soll ein Investitionspaket auf den Weg gebracht werden. Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte vergangene Woche den Betrag von 150 Milliarden Euro genannt. Am Mittwoch hieß es aus EU-Kreisen, die 150 Milliarden Euro seien eine Summe, die man „mobilisieren“ wolle. Demnach würde aus dem EU-Haushalt eine deutlich geringere Summe eingesetzt, um mit „innovativen Finanzinstrumente“ unter anderem privates Kapital zu mobilisieren. Weiteres Geld zur Erreichung der 150 Milliarden Euro werde von den Mitgliedstaaten erwartet.
Malische Militärregierung ist nicht eingeladen
Ein anderes Vorhaben ist eine „erneuerte Friedens‑ und Sicherheitsarchitektur“. Der Gipfel wird wohl auch Mali thematisieren, dessen Militärregierung nicht geladen ist. Mit Blick auf einen möglichen Rückzug französischer Truppen aus bilateralen Missionen in Mali und die Folgen für die dortigen EU-Missionen sagte ein europäischer Offizieller am Mittwoch, die EU beabsichtige, sich weiter im Land zu engagieren. „Nun müssen die Bedingungen für dieses Engagement erfüllt sein“, fügte er hinzu.
Corona dürfte ein weiterer Schwerpunkt der Gespräche sein. Vor dem Hintergrund soll Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Ko-Vorsitz eines Runden Tisches zu „Gesundheitssystemen und Impfstoffproduktion“ übernehmen. Der Gipfel will seine Themen in mehreren Runden Tischen besprechen, an denen sich jeweils Europäer und Afrikaner den Vorsitz teilen. Am Mittwoch kündigte das Pharmaunternehmen Biontech an, mit mobilen Produktionsanlagen die Impfstoffproduktion im Senegal, in Ruanda und eventuell in Südafrika voranbringen zu wollen.
Agenda der EU dominiert die Beziehungen
Unterdessen sieht die Politikexpertin Irene Knoke noch keine Partnerschaft von Europäern und Afrikanern auf Augenhöhe. „Der viel beschworene Paradigmenwechsel hat nicht stattgefunden“, sagte die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bonner Südwind Instituts dem Evangelischen Pressedienst (epd). Anders als in öffentlichen Aussagen europäischer Politik dominiere weiter die Agenda der EU die Beziehungen. Das zeige sich vor allem in der Handelspolitik und deren Verhältnis zur Entwicklungspolitik.
„Immer ist die Handelsagenda stärker als die Entwicklungsagenda“, erklärte Knoke. Dabei werde besonders über den Abschluss der sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen eine Liberalisierung betrieben, die vor allem europäischen Unternehmen diene. Ein ähnliches Problem sieht Knoke bei der Migration. Die EU wolle Migration kontrollieren und wirke bereits auf Transitländer wie Niger ein, um grenzüberschreitende Routen in Afrika einzuschränken. Afrika sei hingegen daran interessiert, Menschen für Ausbildung und Arbeit nach Europa zu schicken und die innerafrikanische Personenfreizügigkeit zu fördern.