Frankfurt a.M. - Afghanische Menschenrechtsaktivistinnen haben die Taliban zur Wahrung grundlegender Rechte für Frauen aufgerufen. Die frühere afghanische Frauenministerin Sima Samar warnte die Taliban am Dienstag im Europaparlament in Brüssel davor, Frauen weiter vom politischen und gesellschaftlichen Leben auszuschließen. Wenn die Machthaber nicht die Unterstützung des Volkes hätten, würden sie keinen Erfolg haben. Derweil äußerten sich die UN besorgt über die Verschleppung von Frauen, die sich an einer Demonstration beteiligt hatten.
Bei der Veranstaltung „Afghanische-Frauen-Tage“ in Brüssel sagte Samar, die im August 2021 an die Macht gelangten Taliban könnten Stabilität, Sicherheit, nachhaltigen Frieden und Entwicklung nicht ohne die volle Beteiligung von Frauen auf allen Ebenen erreichen. Die Ärztin und Menschenrechtsaktivistin war Anfang der 2000er Jahre Ministerin in einer Übergangsregierung in Afghanistan. Die US-Schauspielerin Angelina Jolie würdigte den Mut afghanischer Frauen und der Männer, die sie unterstützten. Die Taliban könnten die Denkfähigkeit der Frauen nicht auslöschen, sagte Jolie, die auch Sondergesandte des Flüchtlingshilfswerks UNCHR ist, in einer Videobotschaft.
UN alarmiert über die Verschleppung von fünf Frauen und einem Mann in Afghanistan
Die afghanische Sängerin Aryana Sayeed sagte im Parlament: „Ich fordere Sie und die Welt dringend auf, die Taliban nicht als Regierung anzuerkennen, bis und sofern sie afghanischen Frauen und Mädchen ihre vollen Menschenrechte gewähren.“ Die EU hat die Taliban bisher nicht anerkannt. Sie macht ihre Beziehungen zu den Machthabern unter anderem von der Einhaltung der Menschenrechte abhängig.
Derweil äußerte sich das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte alarmiert über die Verschleppung von fünf Frauen und einem Mann in Afghanistan. Zwei der Frauen hätten sich vor ihrer Entführung vor zwei Wochen an einer friedlichen Demonstration beteiligt. Bei den Protesten wurde die Achtung der Frauenrechte gefordert. Zwar habe die De-Facto-Regierung der Taliban Aufklärung zugesagt, der Aufenthaltsort der verschleppten Opfer sei jedoch noch unbekannt.
Unicef: „Die Not der Kinder ist allgegenwärtig“
Die Mission der Vereinten Nationen (UN) in Afghanistan (Unama) zeigte sich ebenfalls besorgt über zunehmende Einschränkungen der freien Meinungsäußerung. Sie forderte die Taliban dazu auf, die Festnahme von zwei Reporten des afghanischen Nachrichtensenders Ariana News aufzuklären. Laut dem Chefredakteur des Senders, Sharif Hassanyar, wurden die beiden Journalisten am Montag ohne Angaben von Gründen von Mitgliedern der Taliban verhaftet.
Das UN-Kinderhilfswerk Unicef prangerte am Dienstag die katastrophale Lage für Kinder in Afghanistan an. „Die Not der Kinder, die Armut ist allgegenwärtig“, sagte die Pressesprecherin von Unicef Deutschland, Christine Kahmann, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag nach ihrer Rückkehr aus Kabul. „In den Krankenhäusern liegen lebensbedrohlich mangelernährte Kinder.“ Auf den Stationen sei es unglaublich still, „die Kinder sind zu schwach, um zu lächeln.“
In Afghanistan sind laut den UN 22 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen, mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Mehr als 1,1 Millionen Jungen und Mädchen sind laut Unicef von Mangelernährung bedroht. Bereits vor der Machtergreifung der Taliban im August war das Land stark von internationalen Finanzhilfen abhängig.