Berlin/Caracas - Das von der Opposition dominierte Parallel-Parlament in Venezuela hat Oppositionsführer Juan Guaidó als Interimspräsident bestätigt. Die Abgeordneten votierten in ihrer ersten Sitzung im neuen Jahr am Montagabend (Ortszeit) für die Fortführung der Parallelregierung mit Guaidó an der Spitze. Der Interimspräsident wurde für die Dauer von einem Jahr im Amt bestätigt. „Wir können die Diktatur nicht normalisieren, geschweige denn den Kopf senken“, erklärte Guaidó. „Venezuela ist den Kampf wert, und wir werden es schaffen, in Freiheit und Demokratie zu leben.“
In Venezuela tobt seit Jahren ein erbitterter Machtkampf zwischen Opposition und der Regierung unter dem sozialistischen Staatschef Nicolás Maduro. Vor zwei Jahren hatte sich Guaidó, damals Präsident des von der Opposition dominierten Nationalparlaments, zum Interimspräsidenten ausgerufen. Er wird von mehr als 40 Ländern anerkannt, darunter den USA. Die Parlamentswahlen im vergangenen Jahr wurden von den größten Oppositionsparteien wegen Betrugsvorwürfen boykottiert. Seitdem treffen sich die 2015 gewählten Oppositionsabgeordneten weiterhin zu Parlamentssitzungen.
Die gespaltene Opposition hatte sich in langen Beratungen darauf geeinigt, dass die Tätigkeit der Nationalversammlung fortgesetzt wird. Sie beruft sich dabei auf Artikel 233 der Verfassung. Bei den Parlamentswahlen von 2015 hatte die Opposition eine Zweidrittel-Mehrheit errungen. Die EU und weitere westliche Staaten erkannten weder die Parlamentswahl 2020 noch die Präsidentschaftswahl 2018 als demokratische und freie Abstimmung an. USA und EU hatten zahlreiche Sanktionen gegen Maduro und regimetreue hochrangige Funktionäre verhängt. Sie betreffen vor allem die Ölindustrie, die die Lebensader der venezolanischen Wirtschaft ist.