Strafgerichtshof leitet Ermittlungen gegen Venezuela ein

Berlin/Caracas - Der Internationale Strafgerichtshof hat eine formale Untersuchung gegen Venezuela wegen möglicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Jahr 2017 eingeleitet. Das teilten der Chefankläger des in Den Haag ansässigen Tribunals, Karim Khan, und der venezolanische Staatschef Nicolás Maduro am Mittwoch (Ortszeit) laut der Tageszeitung „El Nacional“ mit. Sie unterzeichneten eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit bei den Ermittlungen. 2017 waren bei Protesten gegen das Regime in Venezuela etwa hundert Menschen ums Leben gekommen. Sicherheitskräfte sollen Regierungsgegner gefoltert und hingerichtet haben.

Khan sagte: „Wir sind keine Politiker, wir lassen uns von den Grundsätzen der Legalität und der Rechtsstaatlichkeit leiten.“ Er werde keine Einmischung in die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes tolerieren. Maduro erklärte seine Kooperation. Venezuela garantiere Gerechtigkeit und wolle die Arbeit der Institutionen verbessern, sagte er.

Erste Untersuchung dieser Art in Lateinamerika

Der Internationale Strafgerichtshof hatte bereits im Februar 2018 Vorermittlungen zu möglichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Venezuela aufgenommen. Jetzt folgt mit einer formalen Untersuchung der nächste Schritt. Es ist die erste Untersuchung dieser Art in einem lateinamerikanischen Land. Bisher konzentrierte sich der Internationale Strafgerichtshof vor allem auf mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen in Afrika.

Der venezolanische Oppositionsführer Juan Guaidó begrüßte die Einleitung von Ermittlungen. Sie bestätigten das Recht der Opfer und ihrer Familien auf Gerechtigkeit, das Venezuela verweigert habe, erklärte er bei Twitter.

Die erste Untersuchung des Strafgerichtshofs in Nord- und Südamerika erfolge vor dem Hintergrund der extremen Unterdrückung, die die Regierung Maduro dem venezolanischen Volk zugefügt habe, sagte José Miguel Vivanco, Direktor für Nord- und Südamerika bei Human Rights Watch. Polizei und Sicherheitskräfte hätten in Venezuela zwischen 2016 und 2019 fast 18.000 Menschen wegen angeblichen „Widerstands gegen die Staatsgewalt“ getötet. Niemand habe bisher detaillierte Informationen darüber zusammengestellt, wie viele der Tötungen außergerichtliche Hinrichtungen waren, erklärte Human Rights Watch.

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