Frankfurt a.M./Addis Abeba - Die äthiopische Regierung hat im eskalierenden Konflikt um die Region Tigray einen sofortigen, landesweiten Notstand verhängt. Eine entsprechende Entscheidung habe der Ministerrat am Dienstag getroffen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur ENA. In den vergangenen Tagen hatten Regierungstruppen Medienberichten zufolge mehrere Kämpfe gegen Rebellen verloren. Der Notstand soll für die kommenden sechs Monate gelten. Das Parlament, in dem die Regierungspartei eine deutliche Mehrheit besitzt, soll den Notstand innerhalb von 48 Stunden billigen.
Die Regierung erklärte, der Notstand sei notwendig, um Bürger vor der Gewalt der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) zu schützen, mit der sich Regierungstruppen seit einem Jahr heftige Kämpfe liefern. Die TPLF war bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs vor einem Jahr in Tigray an der Macht. Die Regierung hatte der TPLF vorgeworfen, bei der Eroberung der Stadt Kombolcha vor wenigen Tagen mindestens 100 Menschen getötet zu haben. Unabhängige Berichte gab es jedoch nicht. Die Konfliktgebiete in Tigray und den Regionen Amhara und Afar sind von der Außenwelt nahezu abgeschnitten, Internet und Hilfslieferungen werden von der Zentralregierung blockiert.
Neue Kämpfe nachdem TPLF mehrere Gebiete zurückerobert hat
In den vergangenen Tagen verschärften sich Medienberichten zufolge die Kämpfe, nachdem die TPLF offenbar mehrere Gebiete zurückeroberte, darunter die Städte Kombolcha und Dessie rund 350 Kilometer nördlich der Hauptstadt Addis Abeba. Ministerpräsident Abiy Ahmed hatte daraufhin die Bevölkerung am Montag aufgerufen, zu den Waffen zu greifen.
Seit Anfang November 2020 kämpfen Truppen der Zentralregierung und der gestürzten Regionalregierung von Tigray um die Macht in der nordäthiopischen Region. Der Konflikt weitete sich seither auf andere Regionen aus und hat eine humanitäre Krise ausgelöst, durch die UN-Schätzungen zufolge 400.000 Menschen in Tigray im Zustand einer Hungersnot leben.