Frankfurt a.M. - Die simbabwische Autorin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga hat die politische, wirtschaftliche und soziale Krise in ihrem südafrikanischen Heimatland beklagt. Sie erfasse alle Aspekte des Lebens, sagte die 62-Jährige am Freitag auf der Frankfurter Buchmesse. Viele Menschen seien so arm, dass sie sich höchstens eine Mahlzeit am Tag leisten könnten. Besonders betroffen seien Mädchen und Frauen. Sie könnten weder arbeiten noch zur Schule gehen. Schuld daran sei die patriarchale Ordnung in dem Land, die auf dem kolonialen Erbe basiere.
Dangarembga wird am Sonntag in der Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt. Sie erhalte die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung für ihre besondere Gabe, als Autorin und Filmemacherin die Menschen „zu bewegen und aufzurütteln“, sagte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt- Friderichs. Neben ihrem künstlerischen Schaffen kämpfe sie für Freiheitsrechte und Frauenrechte sowie die politische Veränderung in Simbabwe.
Gesellschaftliche Missstände analysieren
Nachdem Dangarembga im Juli 2020 zur Teilnahme an einer Anti-Korruptions-Demonstration aufgerufen hatte, wurde sie für kurze Zeit inhaftiert und auf Bewährung wieder freigelassen. Sie müsse sich regelmäßig bei der Justiz melden, sagte die Autorin in Frankfurt. Am 15. Dezember müsse sie vor Gericht erscheinen. Es könne aber auch sein, dass die Sache vorher niedergeschlagen werde.
Sie sehe ihre Aufgabe darin, die gesellschaftlichen Missstände zu analysieren, „das ist für mich das Rohmaterial meiner Bücher und Filme“. Dabei versuche sie immer, ihre Protagonisten wie etwa die heranwachsende Tambudzai in ihre Romantrilogie „This Mournable Body“, „The Book of Not“ und „Nervous Conditions“ als Individuen zu zeichnen.
Rassismus als strukturelles Phänomen
Dangarembga sagte, in einer globalisierten Welt sei Migration nicht zu verhindern, ebenso wenig wie der freie Warenaustausch. Wenn Menschen so unter Druck stünden, dass sie nicht mehr ein noch aus wüssten, gingen sie diesen Schritt. „Niemand verlässt freiwillig seine Heimat, um im Meer zu ertrinken“, sagte die Autorin. Rassismus bezeichnete die Friedenspreisträgerin als strukturelles Phänomen, das nur sehr langfristig zu verändern sei. Es betreffe Staat, Gesellschaft, Unternehmen, Familien und Individuen.
Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben Er soll laut Statut eine Persönlichkeit auszeichnen, „die in hervorragendem Maße vornehmlich durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat“. Im vergangenen Jahr erhielt der indische Wirtschaftswissenschaftler und Philosoph Amartya Sen den Preis.