Berlin/Santiago de Chile - Nach einer Reihe von Gewaltakten hat Chiles Präsident Sebastían Piñera für den Süden des Landes den Notstand ausgerufen. Zum Schutz der Bevölkerung werde das Militär in vier südliche Provinzen entsandt, erklärte Piñera am Dienstagabend (Ortszeit) laut der Tageszeitung „La Nación“. Er begründete den Notstand mit einer „schwerwiegenden Störung der öffentlichen Ordnung“.
Im Süden Chiles hatte es in den vergangenen Monaten verstärkt Anschläge etwa auf die Holzindustrie gegeben. Die Regierung macht dafür radikale Angehörige des Mapuche-Volkes verantwortlich. Die Mapuche stellen mit 1,7 Millionen Menschen die größte indigene Gruppe unter den rund 19 Millionen Einwohnern Chiles. Sie verlangen vom chilenischen Staat mehr Autonomie und die Rückgabe ihrer Gebiete. In der Hauptstadt Santiago und im Süden Chiles leben die meisten Mapuche.
Neue Verfassung soll der indigenen Volksgruppe Mapuche mehr Rechte geben
Die Präsidentin der Verfassungsgebenden Versammlung, Elisa Loncón, kritisierte die Ausrufung des Notstandes. Was die Menschen bräuchten, seien politische und wirtschaftliche Lösungen, durch die sie die Armut überwinden könnten, sagte Loncón, die dem Volk der Mapuche angehört. Seit Juli wird in Chile eine neue Verfassung ausgearbeitet, die auch den Mapuche mehr Rechte geben soll.
Am Sonntag war in Santiago bei einer Demonstration für die Rechte der Indigenen eine Studentin getötet worden. Nach Angaben ihrer Universität hatte sie für eine Menschenrechtsorganisation die Kundgebung beobachtet. In den sozialen Medien wird der Polizei brutales Vorgehen gegen die Demonstranten vorgeworfen.