Internationaler Strafgerichtshof will wieder in Afghanistan ermitteln

Den Haag - Der Internationale Strafgerichtshof will so schnell wie möglich wieder wegen Verbrechen in Afghanistan ermitteln. Chefankläger Karim Khan erklärte am Montag in Den Haag, er habe einen Eilantrag für die Wiederaufnahme gestellt und wolle sich auf Verbrechen der Taliban und des „Islamischen Staats“ (IS) richten. Die Ermittlungen waren im vergangenen Jahr auf Antrag der damaligen afghanischen Regierung ausgesetzt und an die nationalen Behörden übertragen worden.

Khan erklärte, die jüngsten Entwicklungen und der Machtwechsel in Afghanistan bedeuteten eine grundlegende Veränderung der Umstände. Es gebe zu diesem Zeitpunkt keine Aussicht darauf, dass Afghanistan selbst Verfahren gegen die Täter von Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit einleite. Sollte dem Antrag auf Wiederaufnahme stattgegeben werden, wolle er den Schwerpunkt auf Taten der Taliban und der afghanischen IS-Gruppe IS-K legen und sich angesichts knapper Mittel deshalb weniger auf andere Verbrechen richten. Die Schwere und der Umfang der andauernden Verbrechen der beiden Gruppen, darunter Angriffe auf die Zivilbevölkerung, außergerichtliche Exekutionen und die Verfolgung von Frauen und Mädchen, verlangten eine Fokussierung auf diese Taten.

Ermittlungen stießen auf Widerstand in Washington

Das Römische Statut, der Gründungsvertrag des Strafgerichtshofs, sieht vor, dass das Gericht in Den Haag nur tätig wird, wenn ein Staat selbst nicht willens oder nicht in der Lage ist, Ermittlungen oder die Strafverfolgung ernsthaft durchzuführen. Im März 2020 hatten die Richter die Aufnahme von Ermittlungen zugelassen, kurz darauf stellte die damalige afghanische Regierung einen Antrag, die Verfahren übernehmen zu dürfen.

Die Ermittlungen, bei denen auch mutmaßliche Verbrechen der USA in Afghanistan ins Visier der Anklagebehörde gerieten, waren in Washington auf heftigen Widerstand gestoßen. Wegen Befürchtungen, US-Soldaten könnten in Den Haag angeklagt werden, hatte die Regierung des damaligen Präsidenten Donald Trump Sanktionen gegen Mitarbeiter des Gerichts verhängt.
 

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