Berlin/Bochum - Viele Menschen weltweit sind den Gefahren extremer Naturereignisse und Krisen wegen fehlender sozialer Absicherungssysteme schutzlos ausgeliefert. Dies geht aus dem Weltrisikobericht 2021 hervor, der am Mittwoch online vorgestellt wurde. Die Untersuchung zeige, dass eine Absicherung zum Beispiel bei Krankheit, bei Arbeitslosigkeit oder gegen Altersarmut ein zentraler Faktor sei, um als Gesellschaft humanitäre Notlagen abzuwenden.
„Soziale Sicherung und der Kampf gegen Hunger, Armut, soziale Ungleichheit und Klimawandel gehören zusammen“, erklärte Peter Mucke, Geschäftsführer des Bündnisses Entwicklung Hilft, das den Bericht alljährlich gemeinsam mit dem Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht der Ruhr-Universität Bochum veröffentlicht. „Die Notwendigkeit ist offensichtlich“, sagte Mucke weiter. Die künftige Bundesregierung müsse sich dieses Themas verstärkt annehmen.
Der Bericht untersucht das Katastrophenrisiko für 181 Länder. Dafür wird bewertet, wie wahrscheinlich die einzelnen Staaten von schwerwiegenden Naturereignissen wie Erdbeben, Extremwetterlagen und Meeresspiegelanstieg betroffen sind und wie die Gesellschaften dagegen gewappnet sind und die Belastungen bewältigen können.
Nicht jede Dürre muss zur Hungersnot werden
Die drei Länder mit dem höchsten Katastrophenrisiko sind dem Bericht zufolge aktuell die Inselstaaten Vanuatu, Salomonen und Tonga. Insgesamt konzentrierten sich die Risiko-Regionen in Ozeanien und Südostasien, in Afrika, sowie an der mittel- und südamerikanischen Westküste.
Deutschland liegt hingegen mit einem sehr geringen Katastrophenrisiko auf Rang 161 und damit dennoch einen Platz höher als im Vorjahr. Das Hochwasser in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz in diesem Jahr habe vor Augen geführt, dass der Klimawandel auch hierzulande verheerende Auswirkungen haben kann, hieß es. Das geringste Katastrophenrisiko wird auch 2021 wieder Malta und Katar zugeschrieben.
In der Untersuchung habe sich gezeigt, dass gezielte Maßnahmen zur sozialen Absicherung der Menschen die Katastrophengefahr für betroffene Länder deutlich senken können, betonen die Autoren. Nicht jede Dürre müsse zur Hungersnot werden. Als Beispiele werden auch Mauritius und Trinidad und Tobago genannt, die als Inselstaaten zwar besonders anfällig seien für Umweltkatastrophen, dieses Risiko aber mit langfristiger und zielgerichteter Entwicklungszusammenarbeit abfedern könnten.
Lokale Initiativen ergänzen staatliche Maßnahmen
Dies sei eigentlich keine neue Erkenntnis, räumte Mucke ein und verwies auf Artikel 22 der Allgemeinen Menschenrechtserklärung, die allen Menschen das Recht auf soziale Sicherheit zuspricht. Jedoch sei der Zugang zu unterstützenden Leistungen in der Welt sehr ungleich verteilt - daraus ergebe sich für die Industrienationen eine Verantwortung.
Neben der staatlichen Sicherung gegen Katastrophen komme es auch auf informelle Sicherungssysteme an, sagte Mucke. Lokale Initiativen wie das Anlegen von Vorratsspeichern und aktive Nachbarschaftsnetzwerke seien eine wichtige Ergänzung zu staatlichen Maßnahmen. Denn diese seien in der Lage, viel schneller und passgenauer zu reagieren.
Info: Zum Bündnis Entwicklung Hilft gehören die Hilfsorganisationen "Brot für die Welt", Christoffel-Blindenmission, DAHW, Kindernothilfe, medico international, Misereor, Plan International, terre des hommes, Welthungerhilfe sowie die assoziierten Mitglieder German Doctors und Oxfam.