Maputo - Zuletzt haben sich die Erfolgsmeldungen aus Cabo Delgado gehäuft: Erst brachten Soldaten aus Ruanda eine wichtige Straßenkreuzung in der mosambikanischen Krisenregion unter Kontrolle. Dann eroberten die Truppen laut Medienberichten die Hafenstadt Mocímboa da Praia sowie einige Dörfer zurück. Zuletzt rückten die von Ruandas Präsident Paul Kagame entsandten Soldaten in den Wäldern bei Mbau vor. Doch trotz solcher Erfolgsmeldungen wächst in Mosambik die Skepsis gegenüber dem internationalen Militäreinsatz.
Seit Ende 2017 greifen islamistische Kämpfer, über deren Verbindungen zum „Islamischen Staat“ viel spekuliert wird, in der rohstoffreichen nördlichen Provinz Cabo Delgado staatliche Einrichtungen, Siedlungen und die Zivilbevölkerung an. Mindestens 3.000 Menschen wurden getötet und 800.000 weitere vertrieben. Polizei und Militär konnten den Angreifern in der Vergangenheit kaum etwas entgegensetzen.
Erdgas und der französische Total-Konzern
Im März sorgten die Aufständischen für Schlagzeilen, als sie die Hafenstadt Palma eroberten, vor deren Küste riesige Erdgasfelder liegen. Ein Konsortium unter der Leitung des französischen Total-Konzerns hat sich die Förderrechte gesichert und will mehr als 20 Milliarden US-Dollar (17 Milliarden Euro) investieren - viel Geld für Mosambik, das zu den ärmsten Ländern der Welt zählt. Doch die anhaltende Gewalt gefährdete die Investitionen in Milliardenhöhe.
Vor diesem Hintergrund lud Mosambiks Präsident Filipe Nyusi die ruandischen Truppen zur Unterstützung ein. Gleichzeitig bereiten sich Truppen aus fünf Mitgliedsstaaten der südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft SADC auf einen Einsatz vor. Auch Soldaten aus den USA und Portugal sind im Land, um mosambikanische Soldaten zu trainieren. Die EU beschloss im Juli ebenfalls eine Ausbildungsmission.
Sorgen vor einem "beachtlichen Chaos"
Trotz der jüngsten Erfolge der ruandischen Truppen steht der Direktor des in Maputo ansässigen Instituts für Öffentliche Integrität (CIP), Edson Cortez, dem Einsatz kritisch gegenüber. Er befürchtet, dass die Militärintervention ähnlich wie in Afghanistan enden könnte. „Was ist, wenn die ausländischen Truppen abziehen und unsere Streitkräfte dann noch immer nicht das Land verteidigen können?“ Zudem sei nicht bekannt, wie viel der Militäreinsatz koste.
Die Aktivistin Cidia Chissungu, die Spenden für Flüchtlinge in Cabo Delgado sammelt, sieht den Einsatz ebenfalls kritisch. „Es gibt die Sorge, dass das in einem beachtlichen Chaos endet.“ Derweil sieht die Leiterin der Afrika-Abteilung des evangelischen Hilfswerks „Brot für die Welt“, Helle Dossing, den Ursprung der Gewalt in sozialen Missständen und Repression der staatlichen Sicherheitskräfte in der Region. „Ohne die Grundproblematik des Konflikts anzugehen, wird er nicht dauerhaft zu lösen sein“, sagt sie.
Entscheidungen wurden am Parlament vorbei getroffen
Für Misstrauen sorgt auch, dass die jüngsten Erfolgsmeldungen aus Cabo Delgado sich nicht unabhängig überprüfen lassen. Eine Pressedelegation, die auf Einladung der Medienbehörde die Region besuchte, durfte nicht in die „befreiten“ Landkreise weiterreisen. Wie viele Soldaten getötet oder verwundet wurden, ist unklar.
Ohnehin glaubt der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Renamo, Ossufo Momade, nicht, dass die Aufständischen überhaupt militärisch geschlagen werden können. Wenn die Rebellen eine Position räumten, bezögen sie eben einer andere, sagt Momade, der einst selbst in einer Guerillaeinheit gegen die Regierungstruppen gekämpft hatte.
Die Mission der SADC-Truppen hatte seine Partei befürwortet. Doch der Einsatz der ruandischen Soldaten ist nach Auffassung der Opposition illegal, weil das Parlament vorher nicht konsultiert wurde. Cortez vom CIP-Institut gibt zu bedenken: „Wofür haben wir eine Demokratie, wenn das Parlament nicht einmal gefragt wird?“