Rote-Khmer-Staatschef legt Berufung gegen Völkermord-Urteil ein

Frankfurt a.M./Phnom Penh - In Kambodscha hat am Montag der Berufungsprozess gegen den einstigen Staatschef des Rote-Khmer-Terrorregimes, Khieu Samphan, begonnen. Der 90-Jähirge hatte Widerspruch gegen seine Verurteilung wegen Völkermords vom November 2018 eingelegt. Seine Verteidiger wollen Verfahrensfehler geltend machen. Die Anhörungen sollen vier Tage dauern, wie das Sondertribunal in der Hauptstadt Phnom Penh erklärte. Ein Urteil wird voraussichtlich nächstes Jahr erfolgen. Während der Herrschaft der Roten Khmer (1975-1979) kamen fast zwei Millionen Menschen ums Leben.

Khieu Samphan war wegen Völkermordes an ethnischen Vietnamesen und der muslimischen Cham-Minderheit schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er ist der letzte Überlebende aus dem Kreis jener fünf ranghöchsten Ex-Funktionäre der Roten Khmer, die sich wegen ihrer Gräueltaten vor dem Sondergericht verantworten mussten. Khieu Samphan hat wiederholt erklärt, von den Verbrechen nichts gewusst zu haben. Mit ihm war im November 2018 auch der frühere Chefideologe der Roten Khmer, Nuon Chea, wegen der gleichen Vorwürfe zu lebenslangem Gefängnis verurteilt worden. Nuon Chea starb vor zwei Jahren im Alter von 93 Jahren.

Zwei Millionen Opfer forderte die Schreckensherrschaft

Schon im August 2014 waren beide Männer zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt worden, unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das erste Urteil des UN-gestützten Sondertribunals erging im Juli 2010 gegen Kaing Khek Iev alias „Duch“ mit einer Gefängnisstrafe von rund 35 Jahren. In einem Berufungsverahren wurde der im vergangenen Jahr verstorbene Ex-Leiter des Folter-Gefängnisses „Tuol Sleng“ 2012 zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Rote-Khmer-Außenminister Ieng Sary starb 2013 mit 87 Jahren. Seine Frau, die einstige Sozialministerin Ieng Thirith, wurde wegen Demenz für nicht verhandlungsfähig erklärt und starb im August 2015. Der als „Bruder Nummer eins“ bekannte Diktator Pol Pot konnte nicht mehr juristisch belangt werden. Er starb 1998.

Kambodschas autokratischer Ministerpräsident Hun Sen hat wiederholt deutlich gemacht, dass es unter seiner Regierung außer diesen fünf Beschuldigten keine weiteren Angeklagten geben werde. Die knapp zwei Millionen Opfer der Schreckensherrschaft starben in Arbeitslagern oder Gefängnissen, wurden gefoltert, hingerichtet oder verhungerten.
 

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