Genf/Berlin - Der Weltklimarat der Vereinten Nationen schlägt einmal mehr Alarm. Die Erderwärmung mache sich wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge schon heute in allen Regionen der Welt bemerkbar, erklärte der Rat am Montag in Genf in seinem jüngsten Bericht. Der Klimawandel löse teils dramatische Effekte wie Überschwemmungen und Feuersbrünsten aus.
UN-Generalsekretär António Guterres, Politiker und Experten reagierten mit Aufrufen zu einem entschlossenen Kampf gegen den Klimawandel. Die steigenden Temperaturen bedrohten das Leben von Milliarden Menschen, warnte Guterres.
Gemäß dem Bericht des Weltklimarates ist die globale Oberflächentemperatur seit 1970 stärker angestiegen als in irgendeinem Vergleichszeitraum der vergangenen 2000 Jahre. Das führe etwa in Europa immer häufiger zu Phasen extremer Hitze, zu Dürre sowie zu Starkregen. Städte würden mehr und mehr zu Hitze-Inseln.
Trockenheit und Hitze in Afrika, Wasserkatastrophen bei uns
Der Generalsekretär der Weltwetterorganisation (WMO), Petteri Taalas, nannte die Wasserkatastrophen in Deutschland und anderen Ländern Europas als ein Beispiel für die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels. „Die harsche Realität des Klimawandels spielt sich jetzt vor unseren Augen ab“, sagte Taalas.
Gebiete im südlichen Afrika oder am Mittelmeer, wo es ohnehin schon trocken und warm ist, seien noch drastischer von Trockenheit und Hitze betroffen, hieß es weiter. Die Arktis wiederum werde wahrscheinlich noch vor dem Jahr 2050 mindestens einmal im September praktisch frei von Meereis sein.
Der Bericht bekräftigt, dass die Erderwärmung zweifelsfrei von Menschen beeinflusst ist. Daher müsse es sofortige, schnelle und massive Reduktionen von Treibhausgasen geben. Bereits jetzt habe sich die Erde im Vergleich zu dem Zeitraum zwischen 1850 und 1900 um rund 1,1 Grad Celsius erwärmt.
Jahrhundertfluten könnten zur Normalität werden
Ohne deutliche Gegenmaßnahmen werden dem Report zufolge die 2015 im Pariser Klimaabkommen vereinbarten Obergrenzen von 1,5 Grad Celsius bis zu 2 Grad Celsius in diesem Jahrhundert überschritten. WMO-Generalsekretär Taalas erklärte, dass sich die Welt sogar einer Erwärmung von 3 Grad Celsius nähere.
Der Anstieg der Meeresspiegel sei bereits jetzt unumkehrbar und werde noch Hunderte Jahre andauern. An den Küsten stünden dadurch zunehmend schwere Überschwemmungen bevor. Was bisher als Jahrhundertflut galt, könnte somit in etwa 80 Jahren schon jährlich vorkommen.
Maßnahmen gegen den Klimawandel zeigten erst mittel- und langfristig Erfolge: Selbst eine deutliche Reduktion von Treibhausgasen stabilisiere die globalen Temperaturen erst in etwa 20 bis 30 Jahren, heißt es weiter.
Minister Müller fordert einen "weltweiten Green Deal"
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte als Antwort auf den Klimawandel einen „weltweiten Green Deal“. Gewaltige Investitionen zum Ausbau erneuerbarer Energien sowie Technologietransfers von Industriestaaten in Schwellen- und Entwicklungsländer seien nötig. „Nur so ist es möglich, Wachstum ohne dramatische Steigerung der CO2-Emissionen zu erzielen“, betonte Müller.
Malte Hentschke-Kemper, stellvertretender Geschäftsführer der Klima-Allianz Deutschland, sagte, dass die technischen und ökonomischen Möglichkeiten für wirksame Maßnahmen vorhanden seien. Es fehle aber der politische Wille, sie umzusetzen. Die kommende Bundesregierung müsse beim Klimaschutz mit hohem Tempo arbeiten.
An dem Bericht der Arbeitsgruppe eins zum Sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats über die physikalischen Grundlagen des Klimawandels haben mehr als 230 Forscherinnen und Forscher aus 66 Ländern mitgewirkt. Die Autoren werteten rund 14.000 Publikationen aus.