Frankfurt a.M./New York - Die Vereinten Nationen sind beunruhigt über die zunehmende ethnische Gewalt in der äthiopischen Krisenregion Tigray. Die UN-Sonderberaterin für die Verhütung von Völkermord, Alice Wairimu Nderitu, sagte laut einer Erklärung vom Freitagabend in New York, Hassbotschaften und tiefsitzende ethnische Spannungen hätten das Land auf einen gefährlichen Kurs gebracht. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Gräueltaten mit Hassbotschaften und Aufrufen zu Gewalt begännen.
Dass Politiker in Äthiopien im Zuge des Konflikts in Tigray Wörter wie „Krebs“, „Teufel“ oder „Unkraut“ verwendeten, sei äußerst besorgniserregend, erklärte Nderitu. Die Sonderberaterin des UN-Generalsekretärs rief die äthiopische Regierung dazu auf, eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern und Spannungen zwischen Gemeinschaften abzubauen.
Willkürliche Verhaftungen ohne ordentliches Verfahren
Seit dem Ausbruch des militärischen Konflikts in Tigray im vergangenen Jahr gibt es immer wieder Berichte, wonach bei Kämpfen gezielt Mitglieder bestimmter ethnischer Gruppen angegriffen werden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf der Regierung Mitte Juli zudem ethnisch motivierte Verhaftungen vor, bei denen Dutzende Angehörige der Volksgruppe der Tigray willkürlich und ohne ordentliches Verfahren inhaftiert worden seien.
Im November war in Tigray ein Streit um die Macht zwischen der Zentralregierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) eskaliert. Nach militärischen Verlusten hatten sich die äthiopischen Soldaten, die von eritreischen Truppen und Milizen unterstützt werden, aus der Region teilweise zurückgezogen. Auch in anderen Teilen des Landes kam es zuletzt zu blutigen Kämpfen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. In Äthiopien leben mehr als 80 ethnische Gruppen, die Volksgruppe der Tigray macht etwa sechs Prozent der knapp 110 Millionen Einwohner des Landes aus.