Frankfurt a.M./Yangon - Die Organisation Human Rights Watch kritisiert zunehmend drastische Menschenrechtsverletzungen durch Myanmars Justiz. Seit dem Putsch vor fast sechs Monaten hätten Militärgerichte 65 Todesurteile verhängt, erklärte Human Rights Watch am Mittwoch. Laut Berichten staatlicher Medien und lokaler Initiativen befänden sich 26 der Verurteilten in Haft, die übrigen 39 Personen seien in Abwesenheit für schuldig befunden worden.
Die Vorwürfe seien Mord und Raub. Unter den Betroffenen seien auch zwei minderjährige Jungen im Alter von 15 und 17 Jahren. Seit 1988 hat das südostasiatische Land keine Exekutionen mehr durchgeführt, die Todesstrafe jedoch beibehalten.
Laut Human Rights Watch fielen die Urteile zwischen April und Juni in Stadtteilen in und um die frühere Hauptstadt Yangon, in denen das Regime wenige Wochen nach dem Putsch das Kriegsrecht ausgerufen hatte. Gerichtsverfahren vor Militärtribunalen in Myanmar finden stets hinter verschlossenen Türen statt.
Seit Februar mindestens 922 Menschen bei Protesten getötet
„Zu den Massentötungen von Demonstranten auf den Straßen kommen nun unerhört ungerechte Urteile durch Militärgerichte hinzu“, kritisierte die Asien-Forscherin von Human Rights Watch, Shayna Bauchner: „Diese Todesurteile, die offenbar darauf abzielen, die Protestbewegung gegen den Putsch zu ersticken, sollten ausländischen Regierungen als eindringliche Warnung dienen, dass dringende Maßnahmen erforderlich sind, um der Junta zu zeigen, dass sie für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird.“ Die Vereinten Nationen, die EU, USA und weitere Staaten müssten ihren Druck auf Myanmars Machthaber verschärfen.
Nach Angaben der Gefangenen-Hilfsorganisation AAPP wurden seit dem Staatsstreich vom 1. Februar mindestens 922 Menschen bei Protesten getötet. Etwa 6.850 Menschen waren verhaftet worden, die meisten sitzen bis heute hinter Gittern. Betroffene berichten von Einzelhaft, Folter und Misshandlungen. Mehr als 1.963 Menschen, die mit Haftbefehl gesucht werden, sind untergetaucht.