Dubai/Kabul - Angesichts der dramatischen Lage in Afghanistan haben 15 diplomatische Missionen und die Vertretung der NATO die Taliban zu einem Waffenstillstand aufgerufen. In einem am Montag veröffentlichten Statement kritisieren die Diplomaten die militärische Offensive der Taliban als einen „direkten Widerspruch“ zum Friedensprozess in der katarischen Hauptstadt Doha. Kurz zuvor war in Doha eine weitere Verhandlungsrunde zwischen der afghanischen Regierung und den Aufständischen ohne Ergebnis beendet worden. Der Aufruf wurde von Deutschland, Australien, Kanada, Tschechien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Holland, Italien, Japan, Korea, Schweden, Großbritannien, den USA, der Europäischen Union und der NATO unterstützt.
Derweil bauen die Taliban im Norden des Landes ihre Machtposition weiter aus. Heftige Kämpfe gingen dort auch am Wochenende weiter. Angesichts dieser Entwicklung haben Russland und Turkmenistan in den vergangene Tagen ihre Truppen an der Grenze zu Afghanistan verstärkt. Am Montag besuchte Afghanistans Präsident Aschraf Ghani die Stadt Herat, im Osten des Landes, um sich ein Bild von der Situation zu machen. In der Provinz, die an Iran angrenzt, sind bereits 17 von 19 Distrikten in die Hände der Aufständischen gefallen. In der vergangenen Woche hatten zahlreiche Länder ihre Staatsangehörigen aus Afghanistan evakuiert.
Seit Monaten häufen sich in Afghanistan auch Anschläge auf Mitarbeitende humanitärer Organisationen, Universitätsdozenten und -dozentinnen, Medienschaffende, weibliche Staatsangestellte, Menschenrechtsaktivisten und Kritiker der Taliban. Vor dem Hintergrund des Abzugs der internationalen Truppen, der Ende August abgeschlossen sein soll, verstärkt sich die Sorge um das Schicksal des Landes.