Berlin - Internationale Akteure im Libyen-Konflikt haben sich zum Abzug aller ausländischen Truppen und Söldner aus dem nordafrikanischen Land bekannt. Im Abschlusspapier der zweiten Berliner Libyen-Konferenz hieß es am Mittwoch, dies solle ohne Verzögerung geschehen. Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte: „Schon durch ihre bloße Anwesenheit beeinflussen ausländische Kämpfer, die sich noch immer in Libyen aufhalten, den Friedensprozess.“
Rivalisierende libysche Milizen haben in den vergangenen zehn Jahren im Ringen um Macht das erdölreiche Land ins Chaos gestürzt. Arabische, europäische Länder sowie Russland und die Türkei haben die Konfliktparteien unterstützt, zum Teil aufgerüstet und sogar Söldner und Milizionäre zum Kämpfen ins Land geschickt.
Maas wies auf das libysche Waffenstillstandsabkommen und Resolutionen des Sicherheitsrates hin, in denen bereits unmissverständlich erklärt werde, dass ausländische Kämpfer, Truppen und Söldner das Land zu verlassen hätten. „So lautet denn auch die Botschaft, die von dieser zweiten Berliner Konferenz ausgeht, dass die ausländische Einmischung in Libyen ein Ende haben muss und dass das Waffenembargo einzuhalten ist“, fügte er hinzu. Die Ergebnisse der Konferenz werden den Angaben nach dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt.
Wahlen für den 24. Dezember angekündigt
Libyens Übergangsministerpräsident Abdul Hamid Dbeiba bat die internationale Gemeinschaft um Unterstützung auf dem Weg zu den für den 24. Dezember angekündigten Parlaments- und Präsidentenwahlen. Sicherheitshindernisse müssten aus dem Weg geräumt werden, sagte er und nannte dabei terroristische und kriminelle Gruppen, die Präsenz von Söldnern sowie gewisse Praktiken internationaler Akteure.
Dbeiba versicherte zugleich, dass er das Amt des Ministerpräsidenten nicht angenommen habe, um in diesem Amt zu bleiben. Seine Regierung werde nicht im Weg stehen, wenn die Libyer über ihr eigenes Schicksal bestimmten, betonte er mit Blick auf die Wahlen. Im internationalen Dialogprozess verlangte er indessen, solle die libysche Stimme die „Hauptstimme“ werden.
Zu dem Gipfel auf Ebene der Außenminister hatte das Auswärtige Amt gemeinsam mit den Vereinten Nationen eingeladen. Unter den Teilnehmern waren neben der neuen libyschen Übergangsregierung und UN-Vertretern auch Repräsentanten Russlands, der Türkei, Chinas, europäischer Staaten und der USA sowie arabischer Länder und der Afrikanischen Union. Zur ersten Libyen-Konferenz in Berlin hatte im Januar 2020 Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeladen. Seither hat sich die Situation verbessert. Der Waffenstillstand, die Bildung der Einheitsregierung für den Übergang sowie die geplanten Wahlen, weckten bei den Beteiligten Hoffnung auf eine mögliche Stabilisierung des kriegsgebeutelten Landes.
Guterres beklagt willkürliche Inhaftierung von Migranten
Dennoch ist die Situation der Bevölkerung weiterhin verheerend. UN-Generalsekretär António Guterres beklagte, dass 1,3 Millionen Menschen auf humanitäre Unterstützung angewiesen seien. Er kritisierte dabei die unzureichende finanzielle Unterstützung des internationalen Hilfsplans.
An die Adresse der Libyer richtete er die Forderung, Maßnahmen zu ergreifen, um die „willkürlichen“ Inhaftierungen von Flüchtlingen und Migranten zu beenden. Auch im Abschlusspapier der Libyen-Konferenz heißt es, dass sowohl internationale Akteure sowie libysche Behörden gegen sämtliche Formen von Menschenhandel und Schlepperwesen vorgehen müssten. All jene, die willkürlich in Gewahrsam genommen seien, müssten unverzüglich freigelassen werden, Folter, Misshandlungen und sexualisierte Gewalt müsste aufhören.
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) mahnte Fortschritte bei der Bewältigung der humanitären Krise an. Für die 600.000 Migranten und 40.000 Flüchtlinge, die in Libyen festsäßen, sei dringend eine Lösung nötig, sagte Müller den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Insgesamt 5.000 befänden sich in staatlichen Gefängnissen. Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ setzte wegen anhaltender Menschenrechtsverletzungen gegen Flüchtlinge und Migranten die Arbeit in zwei libyschen Internierungszentren vorerst aus.