Den Haag - Der britische Jurist Karim Khan ist neuer Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Der 51-Jährige legte am Mittwoch seinen Amtseid ab und trat damit die Nachfolge der Gambierin Fatou Bensouda an. Khan ist der dritte Chefankläger seit der Eröffnung des Gerichts 2002 und bleibt für neun Jahre im Amt. Der Strafgerichtshof kann Einzelpersonen wegen Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und dem Verbrechen der Aggression verfolgen.
Das Gericht zeige die Grausamkeiten der Welt und sei gleichzeitig ein Zeichen des Fortschritts, betonte Khan in seiner Antrittsrede. „Im 21. Jahrhundert werden mittelalterliche Verbrechen von modernen Menschen begangen“, sagte er. Zugleich drücke der Strafgerichtshof die Hoffnung auf eine bessere Zukunft aus.
Khan gilt als einer der erfahrensten Juristen auf dem Gebiet des Völkerstrafrechts. Der Brite war bisher Chef der UN-Ermittlungsmission für die Verbrechen des „Islamischen Staats“ im Irak. Zuvor arbeitete er jahrelang als Ankläger, Strafverteidiger und Opfer-Anwalt an verschiedenen internationalen Gerichten, darunter den Tribunalen für Sierra Leone, Ruanda und das frühere Jugoslawien. Als Anwalt vertrat er in mehreren hochrangigen Fällen unter anderem den früheren Machthaber von Liberia, Charles Taylor, und den stellvertretenden kenianischen Präsidenten William Ruto. Im Februar hatten ihn die 123 Mitgliedsstaaten des Strafgerichtshofs mehrheitlich zum Leiter der Anklagebehörde gewählt.
Ermittlungsverfahren in Afghanistan und Myanmar
Khan bekommt als Chefankläger die Verantwortung für Ermittlungsverfahren in mehreren weltpolitischen Krisenherden, darunter wegen Verbrechen in Afghanistan, den Palästinensischen Autonomiegebieten und Myanmar. Elizabeth Evenson von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte zum Amtsantritt des neuen Chefanklägers, Khan müsse dafür sorgen, dass die Hauptverantwortlichen von schweren Verbrechen zur Rechenschaft gezogen würden, unabhängig von ihrer Macht oder Funktion. Die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, schrieb in einem offenen Brief am Mittwoch, Khan solle mutig und besonders unabhängig auftreten und sich nicht einschüchtern lassen.
Khans Vorgängerin Bensouda war seit 2012 im Amt. Sie wurde besonders für ihren verstärkten Einsatz gegen Verbrechen an Frauen und Kindern gelobt. Zudem erreichte sie mehrere Verurteilungen gegen Angeklagte aus der Demokratischen Republik Kongo und Uganda, und die erste Verurteilung im Völkerrecht wegen der Zerstörung von Kulturgut in Mali - ein Kriegsverbrechen. Die Anklagebehörde stand jedoch auch unter Druck, weil unter anderem Anklagen gegen den kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta, den früheren Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, aus Mangel an Beweisen fallengelassen oder Angeklagte freigesprochen wurden.