Dubai/Neu-Delhi - Trotz harscher Kritik setzt Indien in der Pandemie weiterhin auf heimischen Impfstoff. Die Regierung in Neu-Delhi bestellte 300 Millionen Dosen des Serums der Pharmafirma Biological E, der sich noch in der Entwicklung befindet. Wie der „Indian Express“ am Freitag berichtete, soll das Unternehmen aus Hyderabad die Dosen zwischen August und Dezember 2021 liefern. Noch befindet sich das Impfserum Corbevax allerdings in Phase 3 der klinischen Studien und hat keine Zulassung durch die zuständige Arzneimittelbehörde erhalten.
Indiens Regierung unter dem hindunationalistischen Ministerpräsidenten Narendra Modi wird für seine Impfstoffpolitik stark kritisiert. Aus politischen Gründen setzte Neu-Delhi bereits in der Vergangenheit auf einen heimischen Impfstoff vom indischen Hersteller Bharat Biotech, der nicht erprobt war und in Eile zugelassen wurde, ohne wichtige Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit abzuwarten. Bislang verimpft Indien allerdings fast ausschließlich das AstraZeneca-Serum, das vom Serum Institute of India in Lizenz hergestellt wird.
Weniger als 10 Prozent der Bevölkerung geimpft
Das von einer zweiten, schweren Corona-Welle heimgesuchte Land meldete am Freitag laut Gesundheitsministerium über 132.000 Corona-Neuinfektionen und 2.713 neue Todesfälle binnen eines Tages. Damit sind insgesamt 340.702 Menschen in Indien offiziell an einer Covid-19-Infektion gestorben. Während die erste Pandemie-Welle im vergangenen Jahr vor allem die Großstädte betraf, verbreitete sich in der zweiten Welle das Virus rasant in den ländlichen Gebieten, die kaum über medizinische Versorgung verfügen. Das wahre Ausmaß der Pandemie dürfte daher weit größer sein als es die Zahlen spiegeln. Die erstmals in Indien aufgetretene Virusvariante Delta, die als ansteckender und gefährlicher gilt als der Viruswildtyp, wird für die Schwere der zweiten Corona-Welle verantwortlich gemacht. Allerdings schwächt sich nach zwei Monaten des exponentiellen Wachstums die Infektionswelle derzeit ab.
Indien hatte im Januar seine nationale Impfkampagne gestartet und wollte bis zum Juli 300 Millionen Menschen immunisieren. Bislang sind jedoch erst 216 Millionen Dosen verimpft worden. Nur 43,8 Millionen Menschen haben mit zwei Impfdosen den vollständigen Schutz erhalten. Weniger als zehn Prozent der Bevölkerung haben eine Impfdosis bekommen. Der komplizierte Registrierungsprozess für eine Impfung ist gerade auf dem Lande eine große Hürde für die Impfkampagne.