Berlin - Mehr als ein Jahrhundert nach den Gräueltaten im Südwesten Afrikas erkennt Deutschland die Verbrechen an den Herero und Nama als Völkermord an. „Ich bin froh und dankbar, dass es gelungen ist, mit Namibia eine Einigung über einen gemeinsamen Umgang mit dem dunkelsten Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte zu erzielen“, erklärte Außenminister Heiko Maas (SPD) am Freitagmorgen in Berlin. Zugleich kündigt er deutsche Hilfe für ein Entwicklungsprogramm an.
„Im Lichte der historischen und moralischen Verantwortung Deutschlands werden wir Namibia und die Nachkommen der Opfer um Vergebung bitten“, erklärte Maas weiter: „Als Geste der Anerkennung des unermesslichen Leids, das den Opfern zugefügt wurde, wollen wir Namibia und die Nachkommen der Opfer mit einem substanziellen Programm in Höhe von 1,1 Mrd. Euro zum Wiederaufbau und zur Entwicklung unterstützen.“
Verhandlungsführer auf deutscher Seite war der CDU-Politiker Ruprecht Polenz. Nach über fünf Jahren hätten Polenz und der Vertreter Namibias, Zed Ngavirue, die Verhandlungen zum Abschluss bringen können, die sie im Auftrag beider Regierungen und auf Wunsch der Parlamente geführt hätten, teilte Maas weiter mit. Vertreter der Gemeinschaften der Herero und Nama seien auf namibischer Seite in die Verhandlungen eng eingebunden gewesen.
Maas: "Bitte um Entschuldigung ist ein wichtiger Schritt"
Deutschland und Namibia hatten seit 2015 über Zahlungen und eine Entschuldigung für die Verbrechen an den Herero und Nama im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika verhandelt. „Unser Ziel war und ist, einen gemeinsamen Weg zu echter Versöhnung im Angedenken der Opfer zu finden“, betonte der Außenminister. „Dazu gehört, dass wir die Ereignisse der deutschen Kolonialzeit im heutigen Namibia und insbesondere die Gräueltaten in der Zeit von 1904 bis 1908 ohne Schonung und Beschönigung benennen. Wir werden diese Ereignisse jetzt auch offiziell als das bezeichnen, was sie aus heutiger Perspektive waren: ein Völkermord.“
Gelebte Versöhnung könne nicht dekretiert werden, so Maas. Die Verbrechen der deutschen Kolonialherrschaft hätten die Beziehungen mit Namibia lange belastet. „Einen Schlussstrich unter der Vergangenheit kann es nicht geben. Die Anerkennung der Schuld und unsere Bitte um Entschuldigung ist aber ein wichtiger Schritt, um die Verbrechen aufzuarbeiten und gemeinsam die Zukunft zu gestalten“, unterstrich der Außenminister.
Zwischen 1904 und 1908 hatten deutsche Kolonialtruppen Aufstände der Herero und Nama im damaligen Deutsch-Südwestafrika brutal niedergeschlagen. Der Befehlshaber Lothar von Trotha erteilte einen Vernichtungsbefehl. Mehr als 80.000 Menschen wurden getötet oder verdursteten in der Wüste. Historiker bezeichnen diese Gräueltaten als „ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts“