Brüssel, Straßburg - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Türkei wegen Verletzung der Menschenrechte von zwei Journalisten verurteilt. Die beiden waren unter Terrorismus-Verdacht in Untersuchungshaft gekommen, nachdem sie Emails des damaligen Energieministers und Schwiegersohns von Präsident Recep Tayyip Erdogan veröffentlicht hatten, wie der EGMR am Dienstag in Straßburg erklärte. Dem einen Mann wurden nun 14.000 Euro und dem anderen 19.750 Euro Schadenersatz sowie jedem 2.250 Euro Auslagenerstattung zugesprochen. (AZ: 42201/17 and 42212/17)
2016 hatte eine Gruppe namens "RedHack” bekanntgemacht, Kopien von Mails des Ministers Berat Albayrak zu besitzen, wie der EGMR erläuterte. Die Enthüllungsplattform Wikileaks habe im Dezember 2016 über 50.000 Mails veröffentlicht, die als Mails des Minister-Accounts ausgegeben wurden. Die beiden Journalisten hätten einige davon veröffentlicht, so der EGMR in einer Mitteilung, die zum Inhalt der Mails keine Angaben machte. Im Fall des einen Mannes ging es zusätzlich um einen ihm zur Last gelegten Besitz eines Dokuments über eine Untersuchung zu Korruption in Regierungskreisen.
Anklagen gegen die Journalisten sind noch anhängig
Beide Journalisten seien die beiden im Dezember 2016 unter dem Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung inhaftiert worden, so der EGMR. Sie kamen erst ein Jahr später frei. Die Anklagen gegen sie sind laut Gericht in der Türkei noch anhängig, ebenso wie von ihnen angestrengte Schadenersatzklagen.
Die Türkei habe mit ihrem Vorgehen gegen die Rechte auf Freiheit und Sicherheit, auf Meinungsfreiheit und auf gerichtliche Prüfung der Haft verstoßen, so die Einschätzung der Straßburger Richter. Sie machten unter anderem geltend, dass sogar - falls die Journalisten sich selbst Zugang zu den Mails des Ministers verschafft hätten, was nicht erwiesen sei - dies nicht den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation rechtfertigen würde, der Anlass der Haft war.