Paris - In der Corona-Krise kann die Welt nach Ansicht des Gesundheitsexperten Sayavé Gnoumou von Afrika lernen. Dort gelte: „Die befürchtete große Katastrophe hat nicht stattgefunden“, sagte der Experte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Referent der Afrikanischen Union dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Gnoumou rät Wissenschaftlern in aller Welt, genauer nach Afrika zu sehen. Die Ergebnisse der dortigen Forschung würden international kaum veröffentlicht, beklagte der ehemalige Chirurg am renommierten amerikanischen Krankenhaus von Neuilly bei Paris und Mitbegründer der Telemedizin in Frankreich. Mit rund 4,5 Millionen bestätigten Corona-Infektionen und gut 120.000 Covid-19-Toten zählt der gesamte afrikanische Kontinent etwa so viele Todesfälle wie allein Italien.
Auf die Frage, ob die Zahlen und Statistiken aus Afrika verlässlich seien, gebe es „keine klare Antwort“, räumte Gnoumou ein. Er verwies aber auf umfangreiche Hochrechnungen in Ländern mit wenigen Testungen wie etwa im Senegal.
Viel ausprobiert bei der Behandlung von Covid-Kranken
Bei der Behandlung von Covid-Kranken, teils auch schon Infizierten ab dem positiven Testergebnis, sei viel ausprobiert worden mit existierenden Arzneien - von Antibiotika über Antimalaria-Medikamenten bis hin zu pflanzlichen und traditionellen Mitteln, betonte der aus Burkina Faso stammende Mediziner. Erhöhte Widerstandskraft in der Bevölkerung möge ein weiterer Faktor sein. Das oft angeführte Argument der Hitze lässt Gnoumou hingegen nicht gelten: „Hitze gibt es auch woanders, aber in Lateinamerika gibt es trotzdem mehr Fälle.“
Die hohen Infektionszahlen in Nord- und Südafrika erklärt der Arzt mit Lebensumständen, der teils eher den europäischen Ländern entsprechen. Dort arbeiten auch Industriearbeiter in Fabriken, während etwa in Senegal oder Mali über die Hälfte der Bevölkerung in der Landwirtschaft oder im Fischfang tätig seien. Allgemein gelte: „Die Menschen leben in Afrika viel mehr draußen als drinnen.“ Freilich spiele auch das jüngere Alter der Bevölkerung eine Rolle.
Bei Corona befinde sich die die Welt in einer „Kalebasse“, sagte Gnoumou. „Wenn heute eine Variante in Brasilien auftritt, kann man nicht ausschließen, dass sie morgen in Senegal ist.“ Deshalb ist für den Experten Austausch in alle Richtungen so wichtig: „Wenn die Wissenschaft im Rest der Welt die Augen verschließt vor der Arbeit afrikanischer Forscher, könnte sie einiges verpassen.“