"Ärzte ohne Grenzen" befürchtet hohe Corona-Dunkelziffern in Afrika 

Berlin - Trotz steigender Corona-Zahlen ist nach Angaben von "Ärzte ohne Grenzen" in den meisten Ländern Afrikas noch keine einzige Impfstoff-Dosis angekommen. "Südafrika hat eine sehr schwere erste und zweite Welle an Infektionen erlebt", sagte der Berliner Intensivmediziner Tankred Stöbe, der bis vor kurzem im benachbarten Malawi für die Hilfsorganisation im Einsatz war, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das habe auch in Simbabwe und Sambia dramatische Auswirkungen. 

Kleine Mengen Corona-Vakzine treffen erst vereinzelt in afrikanischen Ländern ein, zum Beispiel aus China. Die internationale Covax-Initiative für arme Länder sandte am Mittwoch ein erstes Kontingent nach Ghana. Die Lage sei sehr unübersichtlich, sagte Stöbe. In den meisten Ländern wie Malawi oder eSwatini sei aber noch überhaupt kein Impfstoff angekommen. In ganz Afrika mit seinen 1,3 Milliarden Menschen wurden bisher 3,9 Millionen Corona-Fälle und mehr als 100.000 Tote gemeldet - etwa so viele wie allein in Frankreich (3,7 Millionen Infektionen und 85.000 Tote). 

Corona-Impfstoffe werden dringend gebraucht

Auch wenn die offiziellen Infektionszahlen in Afrika im internationalen Vergleich relativ niedrig seien, würden Corona-Impfstoffe dringend gebraucht, sagte Stöbe. "Die Realität sieht so aus, dass die meisten Menschen mit Covid-19 nicht in die Krankenhäuser kommen, sondern zu Hause leiden und sterben. Sie werden eben auch nicht getestet und gezählt." Das wahre Ausmaß der Pandemie in Afrika sei sehr viel größer als die offiziellen Zahlen zeigten: "Wir haben es mit einer ganz hohen Dunkelziffer zu tun."

Als großes Problem schilderte Stöbe, dass viele Menschen etwa in Malawi dem Gesundheitssystem nicht trauten und Krankenhäuser mieden, auch wenn sie schwer erkranken. "In einem wirtschaftlich so schwachen Land wie Malawi ist die Impfung die einzig sinnvolle Hoffnung", betonte der Notfallarzt, der selbst geimpft ist und in Malawi medizinischer Koordinator des Covid-19-Einsatzes von "Ärzte ohne Grenzen" in einem Krankenhaus in Blantyre war. Allerdings seien in afrikanischen Ländern auch große Vorbehalte gegen Impfungen zu befürchten, weil die Bevölkerung dem Gesundheitssystem vielfach misstraue. 
 

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