Frankfurt a.M. - Die Menschenrechte der Flüchtlinge in der Ägais werden einem Bericht zufolge systematisch verletzt. Im vergangenen Jahr sei eine massive Eskalation im Umgang mit den Menschen auf der Flucht zu verzeichnen gewesen, erklärte die Organisation Mare Liberum am Donnerstag in Berlin. Allein von März bis Dezember 2020 seien mehr als 9.700 Fliehende gewaltsam in die Türkei zurückgedrängt und damit ihres Rechts auf Asyl beraubt worden.
Neben der griechischen Küstenwache sei die europäische Grenzschutzagentur Frontex hauptsächlich für die sogenannten Push-backs verantwortlich, heißt es in dem Bericht der Organisation, die im östlichen Mittelmeer den Umgang mit Flüchtenden beobachtet. Auch Schiffe unter Nato-Kommando hätten sich daran beteiligt.
Seit Monaten kritisieren die Vereinten Nationen und Menschenrechtler Frontex dafür, in Push-backs, also in das rechtswidrige Zurückdrängen von Schutzsuchenden, involviert zu sein. Die EU hatte im Oktober die Untersuchung der Vorwürfe angekündigt. Am Mittwoch hatte die Internationale Organisation für Migration (IOM) der UN die EU und ihre Mitgliedsstaaten dazu aufgerufen, dringend gegen Push-backs, Massenausweisungen und Gewalt gegen Flüchtlinge und Migranten an den EU-Außengrenzen und den Mittelmeerküsten vorzugehen. Die Berichte über Menschenrechtsverletzungen seien alarmierend.
Bei den von Mare Liberum dokumentierten erzwungenen Ausweisungen seien in einigen Fällen sogar Flüchtlinge zurückgedrängt worden, die bereits griechischen Boden erreicht hätten, hieß es in dem Bericht. Auch viele Kinder seien unter den Opfern dieses illegalen Vorgehens. In den meisten Fällen würden die Schlauchboote der Schutzsuchenden zerstört und Gewalt gegen die Menschen ausgeübt. "Diese Pushbacks sind keine Einzel- oder Extremfälle europäischer Abschottung, sondern vielmehr der gegenwärtige und alltägliche 'Modus Operandi' an einer EU-Außengrenze", erklärte Paul Hanewinkel, einer der Autoren des Berichts.
Dem Bericht zufolge war auch die deutsche Bundespolizei an einem Push-back im August beteiligt. Angehörige der Bundespolizei hätten ein überfülltes Schlauchboot gestoppt und die Menschen nicht gerettet. Stattdessen hätten sie das Boot an die griechischen Behörden übergeben, die die 40 Menschen an Bord anscheinend in die Türkei zurückgedrängt hätten.