Berlin - Die Kirchen werfen der Bundesregierung beim Umgang mit Rüstungsexporten mangelnde Glaubwürdigkeit vor. Der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), Prälat Karl Jüsten, sprach am Donnerstag in Berlin von einer wachsenden "Kluft zwischen restriktiver politischer Rhetorik und einer alles anderen als restriktiven Praxis". Die Bundesregierung halte sich erkennbar nicht durchgehend an die eigenen politischen Grundsätze. Dies füge ihrer Glaubwürdigkeit in Sachen Rüstungsexportkontrolle "erheblichen Schaden zu".
Es sei höchste Zeit, den politischen Ankündigungen Taten folgen zu lassen, sagte Jüsten. Er verwies insbesondere auf Waffenlieferungen an die Türkei, an Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate, also an Staaten, die unter anderem Konfliktparteien im Libyenkrieg seien und forderte erneut ein Rüstungsexportkontrollgesetz.
Mehr Kontrolle bei europäischen Rüstungsexporten gefordert
Jüsten stellte mit dem evangelischen GKKE-Vorsitzenden, Prälat Martin Dutzmann, den gemeinsamen jährlichen Rüstungsexportbericht vor. Dutzmann forderte, dass auch in der Europäischen Union Entscheidungen über Rüstungsexporte transparent getroffen werden und einer breiten Kontrolle durch das Europäische Parlament unterliegen müssten.
Insgesamt lagen die deutschen Genehmigungen für Rüstungsexporte 2019 den Angaben nach bei einem Wert von mehr als acht Milliarden Euro. Dies sei ein neuer Negativrekord, sagte die Vorsitzende der GKKE-Fachgruppe Rüstungsexporte, Simone Wisotzki. Besonders problematisch sei dabei der hohe Anteil von Rüstungsexporten in Drittstaaten. Das sind Länder, die weder zu Nato und EU gehören und auch keinen ähnlichen Status haben wie etwa die Schweiz.
So seien im Vergleich zu 2018 die Genehmigungen für Exporte an Drittstaaten um nahezu eine Milliarde Euro auf mehr als 3,5 Milliarden Euro gestiegen, sagte Wisotzki. "Das unterstreicht einmal mehr, dass der Export an Drittstaaten zur Regel geworden ist", kritisierte sie.