Äthiopischer Ministerpräsident lehnt Friedensgespräche ab

In Äthiopien ist kein Ende der Kämpfe zwischen der Armee und der Autonomiebewegung in Tigray in Sicht. Ministerpräsident Abiy will nicht verhandeln, sondern die Aufständischen besiegen. Zugleich geht er gegen kritische Journalisten vor.

Berlin/Addis Abeba - Die äthiopische Regierung lehnt Friedensgespräche in dem militärischen Konflikt mit der Regionalregierung in Tigray ab. Ministerpräsident Abiy Ahmed erklärte am Mittwoch auf Twitter, es werde keinen Dialog geben, solange Recht und Ordnung in der Region nicht wiederhergestellt seien. In der nordäthiopischen Region Tigray sind in der vergangenen Woche heftige Kämpfe zwischen der Regierungsarmee und einer paramilitärischen Bewegung ausgebrochen, die für mehr Autonomie kämpft. Abiy sprach von einer kriminellen Junta in Tigray, die entwaffnet werden müsse.

Experten warnen, dass eine weitere Eskalation zu einer humanitären Krise führen könnte. Wie das International Rescue Committee (IRC) in Berlin mitteilte, könnten bis zu 100.000 Menschen versuchen, über die Grenze in den Sudan zu fliehen. Zurzeit sind der Hilfsorganisation zufolge bereits etwa zwei Millionen Menschen in Tigray auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Region ist jedoch für Helfer praktisch nicht erreichbar. Nach Regierungsangaben wurden in den vergangenen Tagen mehr als 500 Tigray-Rebellen getötet. 

Die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die von der Regierung in Addis Abeba mehr Autonomie fordert, hatte die Afrikanische Union zum Eingreifen und zur Vermittlung von Friedensgesprächen aufgefordert. Andernfalls drohe ein Bürgerkrieg. Auslöser der militärischen Konfrontation war ein mutmaßlicher Angriff der TPLF auf eine Militärbasis Anfang November. Der Angriff verschärfte die seit Monaten bestehenden Spannungen zwischen Addis Abeba und Tigray. 

Regierung geht scharf gegen kritische Medien vor

Die Regionalregierung in Tigray hatte im September Wahlen abgehalten, obwohl das zentrale Parlament in Addis Abeba wegen der Corona-Pandemie alle Amtszeiten verlängert und sämtliche Wahlen verschoben hatte. Das Parlament hat der Zentralregierung daraufhin erlaubt, die Regionalregierung in Tigray aufzulösen und zu ersetzen. 

Unterdessen geht die Regierung in Addis Abeba scharf gegen kritische Medien vor. Die unabhängige Zeitung "Addis Standard" berichtete am Mittwoch von insgesamt sechs Festnahmen in den vergangenen Tagen. Zu den Inhaftierten gehöre der leitende Redakteur der Zeitung, Medihane Ekubamichael, der an einen unbekannten Ort gebracht worden sei. Auch die  äthiopische Menschenrechtskommission äußerte sich besorgt über die Festnahme von Journalisten und forderte die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien.

Äthiopien mit seinen 110 Millionen Einwohnern ist ein Vielvölkerstaat am Horn von Afrika und wurde jahrzehntelang autokratisch regiert. Die Wahl von Abiy zum Ministerpräsidenten 2018 war verbunden mit Hoffnungen auf eine politische Öffnung. Vieles hat sich erfüllt. Abiy wurde auch wegen des Abschlusses eines Friedensabkommens mit dem Nachbarland Eritrea 2018 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Auf Autonomie-Bestrebungen reagiert er jedoch mit harter Hand und der Einschränkung von Grundrechten.

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