Den Haag/London - Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag wird wegen Polizeigewalt in Nigeria aktiv. Die Anklagebehörde bestätigte dem britischen Sender BBC am Mittwoch, Ermittlungen wegen möglicher Verbrechen bei den Ausschreitungen in den vergangenen Wochen zu prüfen. Bei Protesten gegen Polizeigewalt sind in dem westafrikanischen Land seit Anfang Oktober mindestens 69 Menschen getötet worden.
Die Anklagebehörde prüft demnach, ob Ermittlungen wegen des Einsatzes von unverhältnismäßiger Gewalt gegen Demonstranten aufgenommen werden. In der Wirtschaftsmetropole Lagos waren bei Protesten Ende Oktober Medienberichten zufolge etwa 20 Menschen erschossen worden. Auch in anderen Städten kam es zu Ausschreitungen mit Toten.
Demonstranten fordern Polizeireform
Die Proteste richteten sich zunächst vor allem gegen die wegen ihrer Brutalität berüchtigte Polizei-Spezialeinheit Sars. Präsident Muhammadu Buhari kündigte daraufhin an, die Einheit aufzulösen. Die meist jugendlichen Demonstranten fordern jedoch weitergehende Polizeireformen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International werfen den nigerianischen Sicherheitskräften unangemessene Gewaltexzesse vor.
Das Gericht in Den Haag kann Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der kriegerischen Aggression verfolgen. Die Anklagebehörde hat zu Nigeria bereits Vorermittlungen zu zwei Konfliktgebieten eingeleitet. Dabei geht es um mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im ölreichen Niger-Delta und im Norden des Landes, wo die islamistische Terrormiliz Boko Haram operiert.