Berlin (epd). Eine Reihe von Staaten hat sich zu der Gruppe "Freunde Sudans" zusammengetan, um den politischen Reformprozess in dem nordostafrikanischen Land zu unterstützen. Deutschland, der Sudan, EU und die Vereinten Nationen haben für diesen Donnerstag (um 15 Uhr) zu einer virtuellen Tagung eingeladen.
Welche Ziele verfolgen Deutschland und die anderen "Freunde Sudans"?
Nach friedlichen Massenprotesten im Sudan wurde der seit 30 Jahren autokratisch herrschende Präsident Omar al-Baschir im April 2019 vom Militär gestürzt. Seit August regiert ein Souveränitätsrat, dem frühere Unterstützer Al-Baschirs aus dem Militär ebenso angehören wie Vertreter der Zivilgesellschaft. Zu den "Freunden Sudans" gehören neben Deutschland die USA, Frankreich, Großbritannien, Äthiopien, Saudi-Arabien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate. Ihr erklärtes Ziel ist, die versprochenen Reformen im Sudan voranzutreiben, die freie Wahlen im November 2022 ermöglichen sollen. Die sudanesische Staatsführung soll zusichern, den eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen.
Welche Probleme gibt es bei den Reformen?
Derzeit hat General Abdelfattah al-Burhan den Vorsitz im Souveränitätsrat inne. Konflikte zwischen den Militärs und den Vertretern der Zivilgesellschaft in dem Gremium treten immer deutlicher zutage. So verhinderten die Militärvertreter bislang, dass Unternehmen im Besitz des Militärs dem Staat unterstellt werden. Der Wert der Firmen, darunter Rüstungsbetriebe, Lebensmittelfabriken und Vergnügungsparks, wird auf knapp zwei Milliarden Euro geschätzt. Streit gibt es auch über die Zukunft der wegen ihrer Brutalität berüchtigten Sondereinheiten der Armee, die derzeit von Al-Burhans Vize Mohammed Hamdan Dagalo, genannt "Hemeti", angeführt werden. Er war Milizen-Chef in der Region Darfur, ihm werden dort schwere Kriegsverbrechen zur Last gelegt.
Wie weit sind die Menschenrechtsverletzungen aufgearbeitet?
Menschenrechtler bemängeln, dass die Reformen im Justiz- und Verwaltungsapparat stocken, die eine Aufarbeitung ermöglichen würden. Dabei geht es unter anderem um das brutale Vorgehen der Sondereinheiten gegen friedliche Demonstranten im vergangenen Jahr. Dabei wurden Hunderte Menschen getötet. Auch die Aufarbeitung der unter Al-Baschir (1989-2019) begangenen Gräueltaten in Darfur und anderen Regionen tritt auf der Stelle.
Am umstrittensten ist der Fall Al-Baschir selber. Der frühere Präsident steht wegen einer Korruptionsanklage unter Hausarrest. Zwar hatte der Souveränitätsrat im Februar in Aussicht gestellt, Al-Baschir an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag auszuliefern, wo er sich wegen Völkermords und Kriegsverbrechen in Darfur verantworten soll. Doch die Auslieferung scheitert derzeit am Widerstand des Militärs.
Was erhoffen sich die Sudanesen?
Vor allem finanzielle Unterstützung. Denn im Sudan herrscht eine Wirtschaftskrise, die durch die Corona-Pandemie verschärft wurde. Die Inflationsrate lag zuletzt bei über 70 Prozent, viele Sudanesen können sich selbst Grundnahrungsmittel kaum noch leisten. Zwar hat die Regierung die Gehälter für Staatsbedienstete, von denen viele Familien abhängig sind, Mitte April nominell mehr als verfünffacht. Dennoch könnte die wirtschaftliche Not die bisherigen Fortschritte zunichtemachen.