Genf, Addis Abeba (epd). So seien ein Journalist und eine Rechtsanwältin unter den weitreichenden Notstandsgesetzen der Regierung von Ministerpräsident Abiy Ahmed verhaftet worden, ohne dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt worden sei, erklärte Human Rights Watch am Mittwoch in Nairobi.
"Falschinformationen"
Beide seien wegen Äußerungen in sozialen Netzwerken über die Reaktion der Regierung auf die Corona-Pandemie festgenommen worden. Ihnen würden Falschinformationen vorgeworfen. Dies sei aber keine Rechtfertigung für die Beschneidung der Meinungsfreiheit, betonte die für das Horn von Afrika zuständige Direktorin von Human Rights Watch, Laetitia Bader.
Der Fernsehjournalist Yayesew Shimelis sei Ende März verhaftet worden, nachdem er in sozialen Medien behauptet hatte, die Regierung lasse 200.000 Gräber für Opfer der Pandemie vorbereiten. Polizei und Geheimdienst hätten ihn daraufhin aus seinem Haus abgeführt und für drei Wochen ohne Anklage festgehalten. Die Staatsanwaltschaft habe einen unabhängigen Richter auf Grundlage neuer Anti-Terror-Gesetze zunächst daran gehindert, Shimelis auf Kaution freizulassen.
Frauenrechtsnetzwerk
Die Anwältin Elizabeth Kebede, die für das größte Frauenrechtsnetzwerk in Äthiopien arbeitet, sei ebenfalls unter dem Vorwurf der Verbreitung von Falschnachrichten festgenommen worden, nachdem sie Namen von Infizierten auf ihrer Facebook-Seite preisgegeben und zu Quarantäne für Kontaktpersonen aufgerufen haben soll.
Bader erklärte, der Schutz der Bevölkerung vor der Ausbreitung des Coronavirus dürfe nicht dazu führen, dass unliebsame Meinungsäußerungen pauschal als falsch bezeichnet würden. Jede Einschränkung von Bürgerrechten und Freiheiten müsse rechtmäßig, notwendig und verhältnismäßig sein. Das Risiko sei groß, dass die aktuellen Gesetze als Unterdrückungsinstrumente eingesetzt würden.
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