Berlin (epd). Afrikanische Regierungen nutzen Menschenrechtlern zufolge die Corona-Bekämpfung, um mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen die Bevölkerung vorzugehen. "Die Sicherheitskräfte drohen im Kampf gegen Covid-19 zum Menschenrechtsrisiko zu werden", erklärte Amnesty International am Mittwoch in Berlin. So seien in Südafrika Gummigeschosse gegen Obdachlose eingesetzt worden. In Uganda hätten die Behörden Covid-19 zum Vorwand genommen, um Homosexuelle zu verhaften. Im Niger sei ein Journalist festgenommen worden, weil er über einen Corona-Verdachtsfall berichtet habe.
Vertrauen in Gesundheitsmaßnahmen stärken
"Die Regierungen müssen mit aller Entschiedenheit die Achtung der Menschenrechte im Zuge der Bekämpfung von Covid-19 gewährleisten", forderte Amnesty-Afrika-Expertin Franziska Ulm-Düsterhöft. Das sei wichtig, um eine Verunsicherung der Bevölkerung zu vermeiden und das Vertrauen in die Gesundheitsmaßnahmen zu stärken. "Covid-19 darf nicht zusätzlich zu einer Menschenrechtskrise in einzelnen afrikanischen Ländern führen."
Auch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie hätten staatliche Sicherheitskräfte neben bewaffneten Gruppierungen zu den größten Gefahren für die afrikanische Zivilgesellschaft gehört. 2019 sei in über 20 der 54 afrikanischen Staaten durch rechtswidrige Verbote, exzessiven Gewalteinsatz, Schikanen, willkürliche Inhaftierungen und andere Maßnahmen das Recht auf friedlichen Protest eingeschränkt worden, heißt es im Afrika-Bericht der Organisation, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. So seien im Sudan bei Protesten 177 Menschen durch Sicherheitskräfte getötet und über 300 verletzt worden. In mindestens 25 afrikanischen Staaten wurden zudem die Medienfreiheit eingeschränkt und Journalisten kriminalisiert, wie es weiter hieß.
Doppelte Bedrohung
Außerdem seien bewaffnete Gruppierungen in mehr Staaten aktiv und töteten viele Menschen in Ländern wie Somalia, Mali, Burkina Faso und Nigeria. "In vielen Ländern Afrikas sehen sich die Menschen einer doppelten Bedrohung gegenüber", sagte Ulm-Düsterhöft. "Einerseits müssen sie grausame Übergriffe durch bewaffnete Gruppen wie Boko Haram fürchten und andererseits das gewaltsame Vorgehen von Sicherheitskräften im Kampf gegen den Terror."
Dennoch hätten die Menschen im vergangenen Jahr den Mut aufgebracht, auf die Straße zu gehen und für ihre Rechte zu demonstrieren, heißt es im Afrika-Bericht der Organisation. So hätten die Menschen in Äthiopien und dem Sudan politische Veränderungen erreicht, die zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage geführt hätten.
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