Tunis (epd). Strahlende Sonne statt feuchter Kälte: In Tunesien hat es den ganzen Winter über zu wenig geregnet. Die Becken an den Staudämmen sind leer, und viele Bauern fürchten um ihre Ernte. Und sie haben Angst, dass es durch den Klimawandel mehr solche trockenen Jahre geben wird. Mit erneuerbaren Wasserressourcen von 385 Kubikmeter pro Person und Jahr gehört Tunesien ohnehin zu den Gebieten, in denen absoluter Wassermangel herrscht. Der Grenzwert der Unesco liegt bei 500 Kubikmeter.
Zum Vergleich: Deutschland hatte 2016 pro Kopf mehr als 1.900 Kubikmeter erneuerbare Wasservorkommen. Für Tunesien warnen Wissenschaftler sogar, dass sich die Wasserressourcen des nordafrikanischen Landes bis 2050 sogar halbieren werden. Und knapp ein Drittel des Grundwassers könnte aufgrund des steigenden Meeresspiegels zu salzig werden, um noch nutzbar zu sein.
Das hat Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die drei Viertel des Wassers verbraucht, aber auch auf die Trinkwasserversorgung. Die Regierung in Tunis hat einige Projekte in der Schublade, um das Land an den Klimawandel anzupassen. Doch angesichts hoher Inflation, stagnierender Wirtschaft und drastischen Währungsverfalls fehlen dem Staat die Mittel dafür.
Bedarf der Insel
Auf der Insel Djerba im Südosten hat die Regierung mit Hilfe deutscher und französischer Darlehen eine Meerwasserentsalzungsanlage gebaut. 60 Millionen Euro, mehr als drei Viertel der Kosten, stammen von der staatlichen KfW Entwicklungsbank mit Sitz in Frankfurt. "Der Grundwasserspiegel ist zu niedrig, die Anlage war also unsere einzige Möglichkeit", erklärt die leitende Ingenieurin Noura Friaa. Die 50.000 Kubikmeter Wasser, die in der Anlage täglich aufbereitet werden, decken den Bedarf der Insel und einiger Gemeinden auf dem Festland.
Der Tourismus, seit den 80er Jahren wichtigste Einkommensquelle der Insel, ist gleichzeitig auch der größte Verbraucher. Hunderte Hotels mit Zehntausenden Betten, Gartenanlagen und Swimmingpools sind für den akuten Trinkwassermangel auf der Insel mitverantwortlich. Doch Entsalzungsanlagen seien teuer und energieintensiv, sagt Simone Cremer, die die Wasserprojekte der KfW in Tunesien betreut. "Man baut sie dort, wo es keine andere Alternative gibt."
Auch in anderen Regionen des Landes müssen die Menschen mit dem zunehmenden Wassermangel leben. In Zentraltunesien leidet vor allem die Landwirtschaft unter der Klimakrise. Es wird befürchtet, dass die Obst- und Olivenbäume auf 800.000 Hektar in den kommenden zehn Jahren nicht mehr ohne Bewässerung auskommen werden. Das ist die Hälfte der heutigen Fläche. Die Getreidefelder könnten um 30 Prozent schrumpfen, weil Wasser fehlt, warnt das Landwirtschaftsministerium.
Mangel an Regen
In der Region von Sidi Bouzid und Kairouan, im Zentrum des Landes, setzen immer mehr Großbetriebe auf intensive Monokulturen. Leidtragende sind vor allem die Kleinbauern. Der Agrarwissenschaftler Habib Ayeb beschreibt, wie hier früher gewirtschaftet wurde: "Es war eine Steppe, wo extensive Landwirtschaft betrieben wurde. Es gab Schafherden, Oliven und - in regenreichen Jahren - ein bisschen Getreide und Hülsenfrüchte." Heute aber verzeichnet Sidi Bouzid die höchste landwirtschaftliche Produktion Tunesiens. Das hinterlässt Spuren. "Wenn wir so weitermachen wie bisher, geht dort in 25 Jahren das Wasser aus, dann kann man dort nichts mehr anbauen", warnt Ayeb.
In dem Weiler El Khol spüren die Bewohner den sinkenden Grundwasserspiegel und den Mangel an Regen. Wenn es so trocken ist wie in den letzten Monaten, können sie vom Ertrag der Felder kaum leben. Ali El Haj steht vor einem kleinen Stück Land mit Bohnen, einigen Pfirsich- und Aprikosenbäumen. Früher habe er hier noch Kartoffeln angebaut, erzählt der Mittfünfziger, doch dieses Jahr reiche das Wasser nicht.
Extra dafür die Wasserpumpe am Brunnen anzuwerfen, will er nicht: "Das Benzin ist viel zu teuer geworden, das rentiert sich nicht." Ein kleines Speicherbecken soll jetzt vom Landwirtschaftsministerium mit deutschen Geldern instandgesetzt werden, um das knappe Regenwasser aufzufangen - für die trockenen Monate.
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