Oaxaca de Juárez, Managua (epd). Anhänger des nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega haben am Dienstag (Ortszeit) die Trauermesse zu Ehren des Dichters und Befreiungstheologen Ernesto Cardenal gestört. Berichten mehrerer lokaler Medien zufolge riefen die Sympathisanten der Regierung in der Kathedrale der Hauptstadt Managua "Wir wollen Frieden", aber auch "Verräter" und "Es lebe Daniel".
Die Störer hätten sich noch vor der Ankunft des Sarges auf einer Seite des Gotteshauses niedergelassen. Die Kathedrale sei in die mit schwarz-roten Halstüchern gekleideten Anhänger Ortegas und die in den Farben der Opposition - Blau und Weiß - auftretenden Regierungsgegner gespalten gewesen. Auch die Predigt des Bischofs von Matagalpa, Rolando Àlvarez, sei gestört worden, berichtete die Tageszeitung "La Prensa".
Nach dem Tod des Dichters, katholischen Priesters und Revolutionärs Ernesto Cardenal am vergangenen Sonntag hatte die Regierung eine dreitägige Trauer angeordnet. Cardenal hatte sich schon seit langem von der regierenden Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) losgesagt. Aufgrund seiner kritischen Haltung gegenüber Ortega und seiner Frau Rosario Murillo, denen er Korruption und Machtkonzentration vorwarf, wurde er seit Jahren staatlich verfolgt.
In den 70er Jahren unterstützte Ortega die FSLN im Kampf gegen den Diktator Anastasio Somoza, nach dessen Sturz 1979 bekleidete er für die Partei acht Jahre lang das Amt des Kulturministers. Cardenal zählte zu den wichtigsten Dichtern Nicaraguas. Weltweit erlangte er Berühmtheit, weil er zu den führenden Vertretern der Befreiungstheologie zählte, mit der sich lateinamerikanische Geistliche in den 60er Jahren auf die Seite der Armen stellten. Er starb am vergangenen Sonntag im Alter von 95 Jahren.
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