Berlin (epd). Amnesty International beklagt auf dem amerikanischen Kontinent die Abschottung gegen Flüchtlinge, die Unterdrückung von Protesten, Straflosigkeit, Umweltzerstörung und Gewalt gegen Frauen. "In völliger Missachtung ihrer Verpflichtungen nach nationalem und internationalem Recht gingen die Regierungen in allen Teilen des amerikanischen Kontinents unerbittlich sowohl gegen die Versammlungsfreiheit als auch gegen das Recht auf Asyl vor", erklärte die Menschenrechtsorganisation in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht über 2019.
Insgesamt starben den Angaben zufolge im vergangenen Jahr bei Protesten auf dem amerikanischen Kontinent mindestens 210 Menschen: 83 in Haiti, 47 in Venezuela, 35 in Bolivien, 31 in Chile, acht in Ecuador und sechs in Honduras. Das repressive Vorgehen der Regierungen gegen Protestierende und Flüchtlinge habe auch international für Aufsehen gesorgt. Dennoch hätten sich viele Menschen nicht abschrecken lassen, für ihre und die Rechte anderer einzutreten, sagte Katharina Masoud von der deutschen Amnesty-Sektion.
Repression der Regierung in Venezuela besonders brutal
Häufig von jungen Menschen angeführte Protestbewegungen seien besonders in Venezuela, Honduras, Puerto Rico, Ecuador, Bolivien, Haiti, Chile und Kolumbien laut geworden. Sie hätten eine Rechenschaftspflicht der Regierenden und die Achtung der Menschenrechte gefordert. Doch die Behörden hätten mit repressiven und zunehmend militärischen Taktiken reagiert, statt auf die Anliegen der Protestierenden einzugehen, kritisierte Amnesty.
In Venezuela sei die Repression der Regierung von Nicolás Maduro gegen Protestierende besonders brutal gewesen. Die Übergriffe der Sicherheitskräfte wie außergerichtliche Hinrichtungen, willkürliche Festnahmen und exzessive Gewalt könnten möglicherweise als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden.
Gefährlichste Region auf der Welt
Lateinamerika war laut Amnesty für Menschenrechtsverteidiger einmal mehr die gefährlichste Region auf der Welt. Wer sich für Land- und Umweltrechte eingesetzt habe, sei besonders gefährdet gewesen, drangsaliert, vertrieben, kriminalisiert oder gezielt getötet zu werden. Kolumbien erzielte den traurigen Rekord mit mindestens 106 getöteten Menschenrechtlern, zumeist indigene, afro-kolumbianische und kleinbäuerliche Aktivisten.
Mit mindestens zehn ermordeten Journalisten im Jahr 2019 gehörte Mexiko weltweit zu den gefährlichsten Ländern für Medienschaffende, wie Amnesty betonte. Waffengewalt betrachtet die Organisation als eines der größten Menschenrechtsprobleme in den USA. Die Gesetze reichten nicht für eine wirksame Kontrolle von Schusswaffen. Auch in Brasilien habe Präsident Jair Bolsonaro das Waffengesetz gelockert.
Amnesty warf Peru, Ecuador und Chile eine restriktive Haltung gegenüber Flüchtlingen aus Venezuela vor, deren Zahl auf die beispiellose Höhe von fast 4,8 Millionen gestiegen sei. Unterdessen missbrauche die US-Regierung das Justizsystem, um Menschenrechtsverteidiger zu schikanieren und minderjährige Flüchtlinge festzunehmen. Zehntausende Flüchtlinge müssten unter gefährlichen Bedingungen in Mexiko ausharren. Die mexikanische Regierung wiederum habe Mittelamerikaner auf dem Weg zur US-Grenze mit Militär gestoppt. Die USA setzten zudem Länder wie Guatemala, El Salvador und Honduras unter Druck, das Recht auf Asyl zu verletzen.
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