Frankfurt a.M., London (epd). Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagt eine zunehmende Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in Somalia. Seit dem Amtsantritt von Präsident Mohamed Abdullahi Farmajo vor drei Jahren habe sich die Lage dramatisch verschlechtert, erklärte die Organisation in einem am Donnerstag in London veröffentlichten Bericht. Der Anstieg von gewaltsamen Übergriffen, Bedrohungen, Schikanen und Einschüchterungen mache das Land am Horn von Afrika zu einem der weltweit gefährlichsten Orte für Journalistinnen und Journalisten.
Medienschaffende seien Ziel von Angriffen sowohl der islamistischen Terrorgruppe Al-Shabaab als auch der Regierungstruppen, heißt es in dem Bericht mit dem Titel "Wir leben in ständiger Angst". Zudem drohten ihnen vermehrt Zensur und willkürliche Festnahmen. Mindestens acht Journalisten seien seit 2017 im zentralen Süden von Somalia und in der halbautonomen Region Puntland im Norden getötet worden. Acht weitere seien seit Oktober 2018 in die Flucht getrieben worden.
"Schreckliche Bedingungen"
Somalische Journalisten stünden "unter Belagerung" und arbeiteten unter "schrecklichen Bedingungen", sagte der Direktor von Amnesty International in der Region, Deprose Muchena. Angriffe gegen sie blieben in der Regel ungestraft, da die Behörden kaum Ermittlungen aufnähmen. Eine Ausnahme sei der Fall eines 17-jährigen Fernseh-Kameramanns, der im Juli 2018 von einem Polizisten erschossen worden sei, erklärte Amnesty. Der Polizist sei in Abwesenheit zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden, halte sich aber versteckt und entziehe sich damit seiner Strafe.
In dem Bericht wurden auch Fälle von Zensur und Vorwürfe von Bestechung durch die somalische Regierung dokumentiert. Demnach sollen Beamte im Büro des Präsidenten monatlich Schmiergelder an Medienunternehmen gezahlt haben, um unerwünschte Geschichten zu verhindern. Journalisten berichteten zudem über Anweisungen ihrer Chefredakteure, keine kritischen Artikel über die Regierung oder über Korruption und Menschenrechtsverletzungen zu schreiben. Vier Journalisten seien entlassen worden, weil sie sich gegen Zensurversuche wehrten.
Facebook-Seiten stillgelegt
Auch die persönlichen Social-Media-Accounts von Journalistinnen und Journalisten würden überwacht, hieß es weiter. In mindestens 13 Fällen seien zwischen 2018 und 2019 Facebook-Seiten von Journalisten stillgelegt worden, wegen angeblichen Verstoßes gegen die Standards des Netzwerks. Muchena fordert Facebook auf, sich nicht von den somalischen Behörden manipulieren zu lassen. Vor allem angesichts der in diesem Jahr anstehenden Wahlen müssten Meinungs- und Pressefreiheit geschützt werden.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation "Reporter ohne Grenzen" steht Somalia auf Platz 164 von 180 Staaten.
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