Dubai, Neu-Delhi (epd). In Indien ebbt die Protestwelle gegen die umstrittene Staatsbürgerschaftsreform nicht ab. Die Regierung reagierte am Freitag mit Sperrung des Internets und Versammlungsverboten in Teilen des Landes, nachdem am Donnerstag mindestens drei Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei ums Leben gekommen waren, wie die "Times of India" berichtete.
In der Hauptstadt Neu-Delhi widersetzten sich Zehntausende dem Verbot, um vor der Jama-Masjid-Moschee zu demonstrieren. Die Polizei nahm mindestens 50 Menschen fest. Proteste gab es auch in anderen Städten Indiens. In der nordindischen Stadt Lucknow kam es zu neuen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten, nachdem dort am Vortag ein Demonstrant ums Leben gekommen war.
Regierung rechnete nicht mit so viel Widerstand
Inzwischen sind neun Menschen bei den seit über einer Woche anhaltenden Demonstrationen ums Leben gekommen. Anlass der Proteste ist ein Gesetz, das nicht-muslimischen Einwanderern aus den Nachbarländern Pakistan, Bangladesch und Afghanistan die indische Staatsbürgerschaft gewährt. Die hindunationalistische Regierung unter Premierminister Narendra Modi hatte die Reform in der vergangenen Woche durch das Parlament gebracht, offenbar ohne mit einem solchen Widerstand - auch von Nicht-Muslimen - zu rechnen.
Die Mehrheit der Inder sind Hindus, die etwa 80 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Die zweitgrößte Religionsgruppe sind die Muslime mit etwa 180 Millionen Menschen. Unter der hindunationalistische Bharatiya Janata Partei, die seit 2014 Indien regiert, hat sich das einst religiös tolerante Indien gewandelt.
Im August hatte die Regierung die vollständigen Integration des mehrheitlich muslimischen Kaschmirs in den indischen Staat beschlossen und den Sonderstatus der Himalaya-Region abgeschafft. Im Oktober veröffentlichte die Regierung ein neues Staatsbürgerregister für den Bundesstaat Assam und erklärte fast zwei Millionen Einwohner, die Mehrheit von ihnen Muslime, faktisch für staatenlos. Assam teilt mit Bangladesch eine rund 260 Kilometer lange Grenze, die an vielen Stellen unbewacht ist.
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