Frankfurt a.M., Den Haag (epd). Myanmar muss sich wegen Völkermords an den Rohingya vor dem Internationalen Gerichtshof verantworten. Die Anhörungen begannen am Dienstag im niederländischen Den Haag. Der Prozess soll klären, ob das Militär des südostasiatischen Landes bei der Verfolgung der muslimischen Minderheit gegen die UN-Völkermordkonvention verstoßen hat. Gambia hatte im November eine entsprechende Klage eingereicht. Myanmar ist mit einer Delegation unter Führung von de-facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi vertreten. Während der Anhörung wurden Details über Morde, Massenvergewaltigungen, Folter und das Niederbrennen ganzer Rohingya-Dörfer geschildert.
Wegen einer brutalen Offensive der myanmarischen Armee im August 2017 flohen mehr als 740.000 Rohingya aus dem westlichen Bundesstaat Rakhine ins benachbarte Bangladesch. Die UN sowie Menschenrechtsorganisationen werfen Myanmars Militär Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Die zivile Regierung von Suu Kyi gilt als mitschuldig.
Verfahren sei "überfällig"
Gambia forderte unter anderem, das Gericht müsse ein sofortiges Ende der systematischen Verfolgung der Rohingya anordnen. "Genozid geschieht nicht aus einem Vakuum heraus", sagte Gambias Generalstaatsanwalt und Justizminister, Abubacarr Tambadou, vor dem höchsten UN-Gericht. Insbesondere Misstrauen und hetzerische Propaganda hätten dafür gesorgt, die Opfer zu entmenschlichen.
Menschenrechtler bezeichneten den Auftakt des Verfahrens in Den Haag als "überfällig". Damit würden Myanmars unzählige Gräueltaten gegen die Rohingya glaubwürdig untersucht, erklärte die Vize-Direktorin für Internationale Justiz bei Human Rights Watch, Param-Preet Singh. Der Südostasien-Experte von Amnesty International, Nicholas Bequelin, betonte, es gebe zahlreiche Beweise dafür, dass Myanmars Militär Verbrechen und schwere Menschenrechtsverletzungen gegen die Rohingya begangen habe. "Die Regierung und Aung San Suu Kyi haben diese Anschuldigungen immer wieder zurückgewiesen oder heruntergespielt." Die Gesellschaft für bedrohte Völker erklärte, die Gräueltaten des Militärs seien unbestreitbar und unentschuldbar.
Die Anklage stützt sich wesentlich auf einen UN-Untersuchungsberichts von 2018. Erst kürzlich hatten die UN-Ermittler bekräftigt, dass die etwas mehr als 500.000 in Myanmar zurückgebliebenen Rohingya weiter der systematischen Verfolgung durch Armee und Grenzpolizei ausgesetzt und von Völkermord bedroht seien. Am Mittwoch soll die Delegation unter Suu Kyi zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Die Anhörungen sind bis Donnerstag angesetzt.
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