Berlin (epd). Der Ausbau der Elektromobilität lässt den Bedarf an Mineralien wie Lithium, Kobalt, Nickel, Kupfer und Graphit massiv ansteigen. Länder wie der Kongo, die derzeit mehr als 60 Prozent des weltweiten Kobaltbedarfs decken, sehen darin ihre Chance - auch gegen den Willen der Bevölkerung. Armut, Ausbeutung, Kinderarbeit und Unterdrückung, gravierende Umweltschäden und verschmutztes Trinkwasser gehen oft mit dem Abbau einher. Umwelt- und Menschenrechtsverbände forderten deshalb in einer Anhörung am Mittwoch im Bundestag die Verordnung für sogenannte Konfliktmineralien mindestens auf die Rohstoffe der E-Mobilität auszuweiten.
Zuvor hatte das Bundeskabinett die Umsetzung der Konfliktminerale-Verordnung der EU verabschiedet. Damit soll verhindert werden, dass Staaten oder Gruppen aus dem Verkauf von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold bewaffnete Konflikte finanzieren. Die Verordnung, die ab Januar 2021 gilt, verpflichtet Importeure unter anderem zu einer ausgewiesenen Lieferkettenpolitik, sie müssen Risikomanagementsysteme einführen und über die Lieferkette informieren. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) überwacht die Unternehmen.
Wachsende Nachfrage nach Rohstoffen
Umwelt- und Menschenrechtsverbände verlangen, auch Unternehmen, die Rohstoffe für E-Autos, Batterien und Ladesäulen aus Ländern wie dem Kongo, Ecuador, Indonesien oder China importieren, per Gesetz zur Sorgfalt über die gesamte Lieferkette zu verpflichten. Die wachsende Nachfrage nach Rohstoffen ohne verbindliche menschenrechtliche und ökologische Mindeststandards gefährde die Lebensgrundlage der Menschen in den Abbau-Regionen und verschärfe die Spannungen zwischen Regierungen und Bevölkerung, sagte Johanna Sydow von Germanwatch bei der Anhörung.
Im vergangenen Jahr seien 43 Menschen in Konflikten um Bergbaugebiete getötet worden, die meisten von ihnen Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten. "Der Schutz für sie muss ausgebaut werden", verlangte Sydow.
"Schlimmste Formen der Kinderarbeit"
Zwar sieht die BGR keine direkte oder indirekte Unterstützung bewaffneter nicht-staatlicher Gruppen im Handel mit den für E-Mobilität notwendigen Rohstoffen. Wohl aber gebe es vor allem im weit verbreiteten Kleinbergbau im Kongo "schlimmste Formen der Kinderarbeit sowie der Zwangsarbeit", schrieb die BGR in einer Stellungnahme. Verdachtsmomente gäbe es zudem für weitere Batterie-Rohstoffe, etwa bei der illegalen Förderung seltener Erden in China oder von Nickel in Guatemala.
Der Verein Ökumenisches Netz Zentralafrika erklärte, vor allem deutsche Unternehmen, die bei der anlaufenden Produktion von Batterien und Ladestationen vom Import abhängig seien, müssten vor Ort für bessere Umwelt- und Lebensbedingungen sorgen.
Nicht nur eine Antriebsart fördern
Mitunter gelingt es aber selbst deutschen Konzernen nicht, Umwelt- und Menschenrechtsstandards bei den Bergbauunternehmen vor Ort durchzusetzen, wie der Rohstoffexperte des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Matthias Wachter, anführte. Kleinen und mittleren Unternehmen falle es zudem schwer, für alle Stufen der für sie größeren Lieferkette die Sorgfaltspflicht nachzuweisen. Es sei unbestritten, dass deutsche Firmen für Menschenrechte und etwa gegen Korruption vor Ort einträten. Dies sollten sie aber im Rahmen ihrer Eigenverantwortung tun.
Alexander Michaelis vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme in Dresden mahnte, Deutschland dürfe keinesfalls nur eine Antriebsart fördern. Er empfahl die Weiterentwicklung von Wasserstoff, E-Fuels und Speichern für Energie aus regenerativen Quellen. Diese Batterien nutzten Kochsalz als aktive Masse. Und das könne "günstig, lokal und umweltschonend gewonnen werden", erklärte Michaelis.
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