Zusammenstöße bei erneuten Massenprotesten in Chile

In Chile halten die Massenproteste gegen die Sozialpolitik der Regierung weiter an. In der Hauptstadt kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen. Die Demonstranten fordern unter anderem eine Renten- und Verfassungsreform.

Berlin, Santiago (epd). In Chile haben erneut Zehntausende Menschen gegen die Sozialpolitik der Regierung protestiert. In der Hauptstadt Santiago kam es im Anschluss an eine friedliche Demonstration zu gewaltsamen Zusammenstößen, wie die Tageszeitung "La Nación" am Montagabend (Ortszeit) berichtet. Vermummte warfen Molotow-Cocktails und errichteten brennende Straßenbarrikaden. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein.

Berichten zufolge gab es auch in den Städten Viña del Mar, Valparaíso und Concepción Plünderungen und Vandalismus. Im Norden des Landes ereignete sich derweil ein schweres Erdbeben der Stärkte 6,1, das noch in Santiago zu spüren war. Über Schäden und Verletzte war zunächst nichts bekannt.

Seit zwei Wochen wird Chile von einer Protestwelle erfasst. Immer wieder kam es zu schweren Ausschreitungen, bei denen nach offiziellen Angaben 20 Menschen getötet wurden. Die Demonstranten fordern insbesondere eine Renten- und Verfassungsreform sowie Verbesserungen im Gesundheits- und Bildungswesen.

Unmut der Bevölkerung schwelt schon lange

Die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú zeigte sich bei einem Besuch in Chile besorgt über die Gewalt der Sicherheitskräfte gegenüber Demonstranten. Sie beklagte, dass "mehr als 400 Menschen auf illegale Weise inhaftiert sind". Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet hat bereits ein Expertenteam nach Chile entsandt, um Vorwürfen von Polizeigewalt nachzugehen. Die Gutachter werden bis zum 22. November im ganzen Land Augenzeugenberichte einholen.

Ursprünglich hatten sich die Proteste an einer Erhöhung der Fahrpreise für die Metro in Santiago entzündet, die aber inzwischen zurückgenommen wurde. Der Unmut der Bevölkerung über ständig steigende Lebenshaltungskosten schwelt aber schon lange. Präsident Sebastián Piñera hat bereits eingelenkt und Sozialreformen angekündigt, die aber viele Menschen nicht für ausreichend halten. Auch eine umfassende Kabinettsumbildung konnte die Proteste nicht beenden. Wegen der Unruhen hatte die chilenische Regierung den UN-Klimagipfel abgesagt, der jetzt in Madrid stattfinden soll. Auch der geplante Asien-Pazifik-Gipfel wurde gestrichen.

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