Frankfurt a.M., Rabat (epd). Die marokkanische Journalistin Hajar Raissouni ist nach einer Verurteilung wegen Abtreibung begnadigt worden. Der marokkanische König Mohammed VI. habe die Freiheitsstrafen gegen Raissouni und deren Verlobten aufgehoben, berichtete die marokkanische Nachrichtenagentur MAP in der Nacht auf Donnerstag unter Berufung auf das Justizministerium. Raissouni war Ende September zu einem Jahr Haft wegen Abtreibung und vorehelichen Geschlechtsverkehrs verurteilt worden. Das Urteil hatte in Marokko und international für Empörung gesorgt. Menschenrechtler und Journalistenorganisationen kritisierten die Entscheidung der Richter als politisch motiviert.
Der König habe die beiden Verlobten begnadigt, damit sie in Vereinbarkeit mit Religion und Gesetz eine Familie gründen könnten, hieß es in der Ministeriumserklärung laut der Agentur. Der Verlobte hatte das gleiche Strafmaß wie Raissouni erhalten. Raissounis Ärztin, die ebenfalls begnadigt wurde, war zu zwei Jahren Haft wegen der angeblichen Abtreibung verurteilt worden.
Vorehelicher Sex verboten
Die 28-jährige Journalistin und ihr Verlobter wurden Ende August beim Verlassen der Frauenarztpraxis festgenommen. Raissouni hatte die Vorwürfe stets bestritten. Sie sei aufgrund einer inneren Blutung behandelt worden, sagte sie vor dem Prozess. Das Verfahren sei politisch motiviert. Raissouni arbeitet für die Zeitung "Akhbar al-Yaoum", eines von wenigen unabhängigen Medien in Marokko. Dabei berichtete sie auch über regierungskritische Proteste. Im Gefängnis sei sie über ihre Arbeit ausgefragt worden, schrieb die Journalistin in einem Brief an ihre Zeitung.
Schwangerschaftsabbrüche und vorehelicher Sex sind nach dem marokkanischen Gesetz verboten. In sozialen Netzwerken kursiert ein Schreiben marokkanischer Frauen, das die Abschaffung der entsprechenden Gesetzesartikel fordert. Alleine 2018 wurden dem Aufruf zufolge 14.503 Menschen in Marokko wegen vorehelichen Geschlechtsverkehrs verurteilt. Jeden Tag unternähmen zwischen 600 und 800 Frauen unsichere Abtreibungen in dem nordafrikanischen Land. Bisher haben 7.000 Menschen den Aufruf unterschrieben.
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