Köln (epd). Die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" wirft der türkischen Polizei vor, syrische Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Heimat zu drängen. "Das wäre nichts anderes als die Abschiebung in ein Kriegsgebiet", sagte die Türkei-Direktorin von "Human Rights Watch", Emma Sinclair-Webb, am Mittwoch im Deutschlandfunk. Die meisten Syrer kämen in die immer noch umkämpfte Provinz Idlib, sagte Sinclair-Webb. Menschen in ein Kriegsgebiet abzuschieben, verstoße klar gegen das Gesetz.
Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR leben derzeit 3,6 Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei. Nach Angaben des türkischen Innenministers Süleyman Soylu vom Juni sind bereits 350.000 Syrer freiwillig in ihr Heimatland zurückgekehrt. Dem widersprach Sinclair-Webb: "Wir fürchten, dass die sogenannten freiwilligen Rückreisen nicht freiwillig sind", sagte sie. "Die Menschen wurden von der Polizei genötigt, ihrer Ausreise zuzustimmen." Die Menschenrechtsorganisation hatte den türkischen Behörden bereits im August vorgeworfen, Flüchtlinge nach Syrien abzuschieben.
Türkei forderte mehr finanzielle Unterstützung
An diesem Donnerstag und Freitag wird Innenminister Horst Seehofer (CSU) in Griechenland und in der Türkei erwartet, um mit Regierungsvertretern über den EU-Türkei-Deal zu sprechen. Die 2016 getroffene Vereinbarung sieht vor, dass in Griechenland anlandende Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt werden. Für jeden syrischen Flüchtling, der darunter ist, soll die EU einen anderen Bürgerkriegsflüchtling aus der Türkei aufnehmen. Bisher wurden aber nur rund 1.900 Flüchtlinge von Griechenland in die Türkei zurückgebracht. Die türkische Regierung forderte zuletzt mehr finanzielle Unterstützung.
Nachdem die Ankunftszahlen in Griechenland nach dem Deal zurückgegangen waren, nahmen sie zuletzt wieder stark zu. Im September kamen nach UN-Angaben fast 10.300 neue Flüchtlinge auf den griechischen Inseln an, die höchste Monatszahl seit 2016.
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