"Ärzte ohne Grenzen": Internierungslager in Libyen sind unmenschlich

epd-bild/Tankred Stoebe/Aerzte ohne Grenzen
Internierungslager in Libyen (Archivbild von 2017)
Das libysche Internierungslager Sintan ist mit 600 Menschen völlig überfüllt. "In einigen dieser Gebäude leben Menschen mitunter seit zwei Jahren - auf weniger als zwei Quadratmetern Platz", sagt Christoph Hey von "Ärzte ohne Grenzen".

Berlin/Tripolis (epd). In den Internierungslagern für Flüchtlinge und Migranten in Libyen herrschen nach Angaben von "Ärzte ohne Grenzen" verheerende Zustände. "Besonders schlimm ist die Situation in einem Gebäude, in dem 45 Menschen zusammenleben. Sie können nie raus, sehen die Sonne nicht, haben keine Frischluftzufuhr", sagte Christoph Hey, der die Arbeit der Hilfsorganisation im Lager Sintan leitete, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

"In einigen dieser Gebäude leben Menschen mitunter seit zwei Jahren - auf weniger als zwei Quadratmetern Platz", fügte der 43-jährige Ökonom hinzu, der vor wenigen Tagen aus Libyen zurückkehrte. Sintan liegt zweieinhalb Autostunden südlich der Hauptstadt Tripolis und ist nach seinen Angaben mit 600 Menschen völlig überfüllt. Darunter seien 130 Minderjährige.

Mangelernährung und Krankheiten

45 Internierte in einem Haus müssen sich eine Dusche teilen, bei der häufig Wasser auslaufe. Die Klärgrube sei alle paar Tage überflutet und drücke den Inhalt zurück in die Toilette. Solche Verhältnisse gelten nach Heys Worten für die Internierung der Migranten und Flüchtlinge insgesamt in Libyen. "Die Zustände sind entsetzlich", sagte er.

Lebensmittel erhielten die Internierten zwar ausreichend, aber es gebe keinerlei Vitamine, keine Proteine. "Es ist eine absolute Mangelernährung", berichtete der Projektleiter. "Morgens gibt es ein Stück Brot, zwei Mal am Tag Makkaroni mit einem Klecks Tomatensoße. Ein Mal in der Woche Reise oder Couscous - und das über mehrere Monate hinweg." Deshalb seien die Menschen geschwächt, Krankheiten nähmen zu. In Sintan seien zwischen September 2018 und Mai 22 Menschen gestorben. Eine Ursache sei Tuberkulose.

Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit

Viele der Menschen seien schon zwei oder drei Jahre unterwegs, seien teilweise gefoltert oder zur Arbeit gezwungen worden. Einige hätten erfolglos versucht, das Mittelmeer zu überqueren, und säßen nun seit vielen Monaten in den Camps fest, ohne Ausweg. Die meisten Menschen in Sintan stammten aus Somalia und Eritrea und hätten auf der Flucht schon Schlimmes erlebt. Hey sprach von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk schätzt, dass 4.700 Flüchtlinge und Migranten in den Internierungscamps in Libyen festgehalten werden. Von Libyen aus versuchen viele Menschen, in Booten das Mittelmeer zu überqueren. Werden sie von der Küstenwache aufgegriffen, werden sie in der Regel in ein Lager gebracht. Das UN-Hilfswerk versucht, Aufnahmeländer für die Flüchtlinge zu finden und sie aus den Lagern im Bürgerkriegsland Libyen auszufliegen.

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