Berlin, Rom (epd). Ende einer zweiwöchigen Odyssee: Malta hat am Freitag den Flüchtlingen auf dem Rettungsschiff "Ocean Viking" erlaubt, an Land zu gehen. Premierminister Joseph Muscat erklärte am Freitag auf Twitter, alle 356 Migranten würden außerhalb der maltesischen Gewässer von Marineschiffen übernommen und auf die Insel gebracht.
Frankreich, Deutschland, Irland, Luxemburg, Portugal und Rumänien erklärten sich demnach zur Aufnahme der Bootsflüchtlinge bereit. "Alle Migranten werden auf andere Mitgliedstaaten verteilt", betonte Muscat.
Der "Ocean Viking" von SOS Méditerranée und "Ärzte ohne Grenzen", die zuletzt zwischen Lampedusa und Malta lag, drohten die Wasservorräte auszugehen. Die Mannschaft des unter norwegischer Flagge fahrenden Schiffs hatte die Flüchtlinge bei vier Einsätzen vor der libyschen Küste gerettet.
"Wir sind erleichtert"
Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte am Freitag die Bereitschaft Deutschlands zur Aufnahme von Flüchtlingen der "Ocean Viking". Die Bundesregierung sei bereit, ihren Beitrag zu leisten und eine nennenswerte Zahl von Personen aufzunehmen, sagte der Sprecher. Die Federführung bei der geplanten Verteilung der Menschen auf EU-Länder habe die EU-Kommission.
"Wir sind erleichtert, dass die lange Tortur für die 356 Menschen bei uns an Bord nun endlich vorbei ist", sagte Jay Berger, Einsatzleiter von "Ärzte ohne Grenzen" auf der "Ocean Viking". SOS Méditerranée und "Ärzte ohne Grenzen" forderten am Freitag auf einer Pressekonferenz in Berlin kurzfristig ein nachhaltiges und geordnetes Ausschiffungssystem für Gerettete von privaten Seenotrettungsschiffen. Zudem müsse es mittelfristig wieder eine staatlich organisierte europäische Seenotrettung geben.
"Jede Ausschiffung einzeln zu verhandeln, ist nicht hinnehmbar", sagte der Geschäftsführer von "Ärzte ohne Grenzen" Deutschland, Florian Westphal, in Berlin: "Dass das die neue Normalität ist, damit darf keine europäische Regierung durchkommen."
Schwer traumatisiert
Für Seenotrettung gebe es einen klaren, internationalen rechtlichen Rahmen, sagte Jana Ciernioch von SOS Méditerranée. Die Leute müssten unverzüglich in einen sicheren Hafen gebracht werden können. "Es ist inakzeptabel, dass wir über Wochen die Geretteten an Bord versorgen müssen", sagte Ciernioch.
Auf der "Ocean Viking" waren laut Ciernioch durch die Wartezeit die Spannungen unter den Geretteten in den vergangenen Tagen angewachsen. Viele der Menschen mussten demnach an Deck schlafen, das Wasser wurde rationiert. Die Stimmung hätte jederzeit kippen können, sagte Ciernioch.
Eine Mitarbeiterin von "Ärzte ohne Grenzen" an Bord des Schiffes berichtete in einer Videobotschaft, viele der Flüchtlinge seien schwer traumatisiert durch Gewalterfahrungen in libyschen Flüchtlingslagern. Viele seien vergewaltigt worden oder hätten Vergewaltigungen zusehen müssen.
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