Berlin (epd). Zum Tag der indigenen Völker am 9. August fordern Menschenrechtler die Bundesregierung zu mehr Engagement beim Schutz indigener Völker auf. Die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel, erklärte am Montag in Berlin, dass deren Lebensraum weltweit durch Wirtschaftsinteressen bedroht sei. Sie verwies darauf, dass Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen haben, die Ratifikation der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) "anzustreben". Dies sei das einzige internationale Abkommen, das die Rechte indigener Völker verbindlich regele.
Wie eine Außenamtssprecherin in Berlin sagte, ist die Ressortabstimmung unter den zuständigen Ministerien dazu noch im Gange. Laut der Konvention müssen indigene Völker angehört werden, wenn auf ihrem Gebiet Rohstoffe ausgebeutet werden. Ferner müssen sie an Nutzung, Bewirtschaftung und Erhalt dieser Ressourcen beteiligt werden. Bislang haben erst 23 Staaten das Abkommen ratifiziert. Die Vereinten Nationen schätzen, dass weltweit 370 Millionen Indigene mit 5.000 verschiedenen Kulturen in etwa 90 Staaten leben. Sie machen fünf Prozent der Weltbevölkerung aus. Der 9. August ist seit einem Beschluss der UN-Generalversammlung im Jahr 1994 der Tag der indigenen Völker.
Weltweit rund 4.000 indigene Sprachen
Das neue Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten, darunter Brasilien, verschärfe den Druck auf die indigene Bevölkerung im Amazonas-Regenwald, kritisierte "Brot für die Welt" gemeinsam mit dem ILO-169-Koordinierungskreis, zu dem zivilgesellschaftliche Organisationen und Netzwerke gehören. So wolle Brasilien seine Agrarexporte erhöhen und den Sojaanbau im Amazonas-Regenwald ausweiten. Dafür werde die dort lebende indigene Bevölkerung von ihrem Territorium vertrieben und der Regenwald abgeholzt.
Der Gesellschaft für bedrohte Völker zufolge sind zudem immer mehr indigene Sprachen vom Aussterben bedroht. Diese Sprachen würden meist nur mündlich überliefert und nicht in der Schule gelehrt, sagte Referentin Yvonne Bangert in Göttingen. Zudem würden indigene Sprecher oft rassistisch diskriminiert. Das führe dazu, dass Eltern ihre Kinder in der Mehrheitssprache erzögen, um ihnen bessere Bildungs- und Aufstiegschancen zu geben. Die Vermittlung der indigenen Sprache falle dann oft den Großeltern zu oder bleibe ganz aus.
In ihrer Existenz bedroht sind den Angaben nach die meisten der weltweit rund indigenen 4.000 Sprachen. Insgesamt werden auf der Erde etwa 7.000 Sprachen gesprochen. Die Vereinten Nationen haben 2019 zum Jahr der indigenen Sprachen ausgerufen. Das Themenjahr soll der Vielfalt und dem Schutz mehr Aufmerksamkeit verschaffen.
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