Afghanistan-Expertin: Taliban müssen Frauenrechte anerkennen

epd-bild / Jens Schulze
Nadia Nashir, die Vorsitzende des Afghanischen Frauenvereins (Archivbild)
Frauen in Afghanistan betrachten die Friedensverhandlungen mit den Taliban skeptisch. Sie haben Angst, dass es einen Rückfall in patriachale Strukturen gibt, sagt die Vorsitzende des Afghanischen Frauenvereins, Nadia Nashir, im Gespräch mit dem epd.

Osnabrück, Kabul (epd). Die Vorsitzende des Afghanischen Frauenvereins, Nadia Nashir, warnt angesichts der Friedensverhandlungen mit den Taliban in Afghanistan davor, die Frauenrechte aufs Spiel zu setzen. Es sei zwar wichtig, die Taliban an den Verhandlungen zu beteiligen, sagte Nashir dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Osnabrück. "Die Bedingung für einen dauerhaften Frieden muss aber sein, dass sie die Verfassung und die darin festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau akzeptieren." Es dürfe keinen Rückfall in patriarchale Strukturen geben.

Die Menschen sehnten sich nach Frieden, sagte die Vorsitzende, die gerade von einem mehrwöchigen Aufenthalt aus Afghanistan zurückgekehrt ist. Gleichzeitig hätten vor allem die Frauen Angst, dass die Taliban wieder die Oberhand gewönnen. Sie betrachteten vor allem die Verhandlungen der USA mit den Taliban skeptisch. Dadurch werde die radikal-islamische Gruppe aufgewertet, die Frauen stets unterdrückt und sie von der Bildung ferngehalten habe.

Kleider- und Schminkvorschriften für Frauen

In einigen Regionen hätten die Taliban ihren Einfluss bereits wieder ausgeweitet. Sie machten Frauen etwa Kleider- und Schminkvorschriften. Nashir betonte, es sei wichtig, die derzeitige Regierung unter dem Staatspräsidenten Aschraf Ghani und das afghanische Volk in die Friedensbemühungen einzubeziehen. Das gelte auch für die von Deutschland und Katar initiierte Dialogkonferenz.

Allerdings ließen sich viele Frauen nicht länger unterdrücken. Sie nähmen oft große Strapazen und Gefahren in Kauf, um etwa zur Schule oder an die Universität gehen zu können. Nashir berichtete von der 22-jährigen Nasifa, die mit Unterstützung ihrer Mutter und ihrer vier Geschwister heimlich ihr Medizinstudium fortsetze, obwohl der Onkel es ihr verboten habe.

Verein unterstützt Frauen mit Stipendien

Der Verein mit Sitz in Osnabrück unterstützt Nasifa und andere junge Frauen mit Stipendien. Seit 27 Jahren leistet der Verein in Nord-, Ost- und Südafghanistan Hilfe zur Selbsthilfe. Er baut und betreibt Schulen, Ausbildungsstätten und Gesundheitsstationen, organisiert Nothilfeprogramme und Stipendiatenprojekte. Unter seiner Regie wurden in ländlichen Regionen mehr als 600 Brunnen gebohrt.

Während ihres Aufenthaltes vor Ort legte Nashir im Norden der Hauptstadt Kabul den Grundstein für die vierte Schule. Bis zu 1.000 Jungen und Mädchen sollen in der Grundschule mit Gymnasium ab dem kommenden Frühjahr zum Unterricht gehen. Sie wird den Namen des 2016 gestorbenen ehemaligen Schirmherrn des Vereins, Roger Willemsen, tragen. Für die Schule würden noch dringend Spenden benötigt, betonte die Vorsitzende.

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